HEV Jahresbericht 2017

JAHRESBERICHT 2017

Politische Kernthemen

Politische Kernthemen

Der HEV Schweiz hat in der Folge nicht mehr zur Initiative geäussert. Der Ge- genvorschlag wurde vom Volk am 24. September 2017 mit 78.7 Prozent deut- lich angenommen. Volksinitiative „Zersiedelung stoppen – für eine nachhal- tige Siedlungsentwicklung“ Die Initianten der Zersiedelungsinitiati- ve verlangen eine nach Innen gerichtete Siedlungsentwicklung sowie einen voll- ständigen Einzonungsstopp. In Zukunft sollen Bauzonen nur noch ausgeschie- den werden können, wenn an anderer Stelle eine gleichwertige Fläche ausge- zont wird. Ausserdem verlangt die Initiative, dass ausserhalb der Bauzonen nur noch standortgebundene sowie Bauten für die bodenabhängige Landwirtschaft ge- baut werden dürfen. Das revidierte Raumplanungsgesetz (RPG), welches am 1. Mai 2014 in Kraft trat, erfüllt die Forderungen der Initian- ten bereits weitestgehend. Es lenkt die Siedlungsentwicklung nach Innen und legt fest, dass Gemeinden nur noch über

Die Umsetzung der Revision des Raum- planungsgesetzes im Bereich Siedlung (RPG 1) stellt eine enorme Herausfor- derung dar und ist in den Kantonen noch längst nicht abgeschlossen. Auch in jenen Kantonen, die bereits über angepasste Richtpläne verfügen, geht die Arbeit noch weiter: nun ist es an den Gemeinden, die Vorgaben aus den Richtplänen umzusetzen. Dabei geht es darum, in den Gesetzen und Nutzungs- plänen die geforderte Konzentrierung der Besiedlung nach innen zu realisie- ren. Die Auswirkungen der Umsetzung von RPG1, insbesondere auch mit Be- zug auf den Kulturlandschutz infolge der Beschränkungen des Siedlungsge- bietes, müssen daher erst abgewartet werden. Durch die aktuell laufende Überarbeitung des Sachplans Frucht- folgeflächen sollen zudem die frucht- barsten Böden verstärkt geschützt wer- den. Was die Initiative darüber hinaus fordert, ist übersetzt und abzulehnen. Der Bundesrat lehnt die Initiative in seiner Botschaft vom Oktober 2017 ab. 2018 folgt die parlamentarische Bera- tung.

jedoch auch die Eurokrise, durch die sich der Schweizer Franken stark ver- teuerte. Dadurch wurden auch Ferien- wohnungen in der Schweiz teurer und damit weniger attraktiv für Käufer aus dem Ausland. Der Einbruch der Ferienwohnungs- verkäufe trifft die Baubranche in den betroffenen Gebieten empfindlich. Im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz, welche nicht von der Zweit- wohnungsinitiative betroffen sind, ar- beiten in den Bergregionen deutlich mehr Personen in der Baubranche. Dies mag daran liegen, dass es in diesen Re- gionen nur wenig Industrie gibt, welche Arbeitsplätze anbieten würde. Durch die fehlenden Aufträge müssen ortsan- sässige Betriebe nun Aufträge in weiter entfernten Gegenden annehmen oder sogar Stellen abbauen. Eine Verlage- rung vom Neubau auf einen vermehr- ten Umbau von Gebäuden konnte bis- her nicht festgestellt werden. Eine weitere Folge des Zweitwoh- nungsgesetzes ist die Zweiteilung des Immobilienmarktes in einen Markt für Erstwohnungen und einen Markt für Zweitwohnungen. Das auf Immobi- lienschätzungen spezialisierte Bera- tungsbüro Fahrländer Partner hat einen Preisaufschlag für Zweitwohnungen zwischen drei und zehn Prozent be- schrieben. Je begehrter und teurer ein Tourismusort ist, desto höher ist der Preisaufschlag, den Käufer zu zahlen bereit sind. Gleichzeitig scheint sich der Marktwert von Erstwohnungen vermin- dert zu haben. Als Folge davon, ist es für Käufer einer Erstwohnung schwieriger geworden, die Finanzierung durch die Bank zu erhalten. Eine nach 2012 ge- bauteWohnung darf in denGemeinden, welche eine Zweitwohnungsquote über 20 Prozent haben nur noch als Erstwoh- nung genutzt werden. Dies kann bei einem allfälligen späteren Verkauf zu Schwierigkeiten führen, wenn sich kein einheimischer Käufer findet, der die Wohnung selber bewohnen möchte.

Gleichzeitig kämpfen die Bergregionen mit den veränderten Feriengewohnhei- ten der Gäste. Im Vergleich zu früher ist der Wettbewerb unter den Urlaubszie- len stärker geworden. Heute kann man nicht nur in die Berge zum Skifahren reisen, sondern auch in Thailand Bade- ferien machen. Auch die Digitalisierung und das Auftauchen von Buchungs- plattformen wie Airbnb verändern die Gewohnheiten der Besucher. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwar eine ganze Reihe an Schwie- rigkeiten für die Bergregionen in der Schweiz ausgemacht werden kann. Der starke Franken, veränderte Gewohnhei- ten der Gäste sowie die Digitalisierung stellen Herausforderungen dar. Die Zweitwohnungsinitiative hat die Situ- ation jedoch zusätzlich erschwert. Sie ist eine Bürde, die die Unterländer dem Oberland selbst auferlegt haben. Bereits 2014 hatte der Schweizerische Bauernverband die Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“ bei der Bundes- kanzlei eingereicht. Der Bauernverband verlangte einen Verfassungsartikel zur Stärkung und Sicherung der Bevölke- rung mit Lebensmitteln aus vielfältiger und nachhaltiger einheimischer Pro- duktion. Der Verfassungsartikel ver- langte hierzu unter anderem wirksame Massnahmen des Bundes gegen den Verlust von Kulturland. Das Parlament hatte der Initiative im Frühling 2017 ei- nen direkten Gegenentwurf gegenüber- gestellt, welcher die Forderungen mass- voll aufnahm. Die Initianten hatten die Initiative daraufhin zurückgezogen. In der parlamentarischen Debatte hat Bundesrat Johann Schneider-Ammann versichert, dass mit dem direkten Ge- genentwurf keine weiteren Massnah- men zur Verstärkung des Kulturland- schutzes notwendig würden. Volksinitiative Ernährungssicherheit

Auswirkungen des Zweitwohnungsgesetzes Seit der Einführung des Zweitwoh- nungsgesetzes am 1. Januar 2016 sind beinahe zwei Jahre vergangen. Welche Auswirkungen sind in den betroffenen Regionen zu spüren? Umdies herauszu- finden, hat der HEV Schweiz beimBera- tungsunternehmen Fahrländer Partner eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse hier zusammengefasst sind. Schweizweit gibt es etwas mehr als 700‘000 Zweitwohnungen. Die meisten befinden sich in den Kantonen Grau- bünden, Wallis, Tessin sowie in der In- nerschweiz: Bergregionen, für die der Tourismus einen grossen Teil der Wert- schöpfung ausmacht. In der Übergangsphase zwischen dem Zeitpunkt der Abstimmung über die

Initiative und bis das neue Zweitwoh- nungsgesetz in Kraft trat, war in den be- troffenen Regionen ein starker Anstieg der Baubewilligungen zu beobachten. So schnell wie möglich wurden noch Projekte realisiert, welche später nicht mehr möglich sein würden. Dadurch wurden während cirka drei Jahren mehr Ferienwohnungen gebaut, als nach- gefragt wurden und es bildete sich ein Überangebot, welches nun erst langsam abgebaut werden muss. In der gleichen Zeit begann ein starker Rückgang der verkauften Zweitwohnungen an Aus- länder. Die Verkäufe brachen beinahe um die Hälfte ein. Die Käufer von Feri- enwohnungen in der Schweiz stammen hauptsächlich aus Europa. Sicherlich spielte hier die Rechtsunsicherheit über die Ausgestaltung des neuen Gesetzes eine wichtige Rolle. Gleichzeitig begann

„Ein vollständiger Einzonungsstopp ist angesichts des erwarteten Bevölkerungs- wachstums völlig unrealistisch und würde dem Wirtschaftsstandort schaden “

Bauzonen für den Bedarf der nächsten 15 Jahre verfügen dürfen. Dem Sied- lungsbereich wurde somit ein enges Korsett verpasst und das Kulturland wurde besser geschützt. Ein vollständi- ger Einzonungsstopp ist angesichts des erwarteten Bevölkerungswachstums völlig unrealistisch und würde die Ent- wicklung der Schweiz übermässig ein- schränken und insbesondere auch dem Wirtschaftsstandort schaden.

Ernährungssouveränitäts- initiative Die Volksinitiative «Für Ernährungssou- veränität. DieLandwirtschaft betrifft uns alle» verlangt eine Ausrichtung der Ag- rarpolitik auf eine kleinbäuerliche, auf die regionale Versorgung ausgerichtete Landwirtschaft. Dies soll mit umfang- reichen staatlichen Eingriffen erreicht

„Die Zweitwohnungsinitiative hat die Situation der Bergregionen zusätzlich erschwert “

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