HEV Jahresbericht 2017

JAHRESBERICHT 2017

Rechtsprechung

Rechtsprechung

Tätigkeit der Schlichtungsbehörden

Das Bundesgericht betont, dass der Wunsch der Vermieterin den Hausfrie- den unter den Mietern wiederherzu- stellen ein objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse des Vermie- ters darstelle. Unbestritten sei, dass es nach Beendigung der Liebesbeziehung zwischen der Mieterin und dem be- nachbarten Gesellschafter zu Spannun- gen zwischen diesen beiden Mietern gekommen sei, die sich im Zusammen- hang mit der Anwesenheit des neuen Partners der (gekündigten) Mieterin zugespitzt hätten. Die Vermieterin habe zur Auflösung der Spannung unter den Mietern und zur Wiederherstellung des Hausfriedens die Wahl gehabt, entwe- der das Mietverhältnis mit der (gekün- digten) Mieterin oder mit dem anderen Mieter zu kündigen. Es sei in der vor- liegenden Situation verständlich, dass sie das Mietverhältnis mit der Mieterin aufgelöst und nicht demjenigen Mieter gekündigt habe, der Mitglied der hinter der Vermieterin stehenden Familie und Gesellschafter der Familienkomman- ditgesellschaft sei.

Das Bundesgericht hält fest, dass die or- dentliche Kündigung eines Mietvertra- ges keine besonderen Kündigungsgrün- de voraussetze. Die Vertragsparteien seien grundsätzlich frei, das (unbefris- tete) Mietverhältnis unter Einhaltung der Fristen und Termine zu kündigen. Einzige Schranke bilde der Grundsatz von Treu und Glauben. Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen sei die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstosse. All- gemein gelte eine Kündigung als treu- widrig, wenn sie ohne objektives, ernst- haftes und schützenswertes Interesse und damit aus reiner Schikane erfolge oder Interessen der Parteien tangiere, die in einem krassen Missverhältnis zu- einander stehen. Der Umstand, dass die Kündigung für den Mieter eine Härte darstelle, genüge nicht; eine solche sei nur im Hinblick auf eine Erstreckung des Mietverhältnisses relevant. Ob eine Kündigung gegen Treu und Glauben verstosse, beurteile sich in Bezug auf den Zeitpunkt, in dem sie ausgespro- chen werde.

bräuchlich ist. Es steht auch im alleini- gen Ermessen des Vermieters, welchem der an den Auseinandersetzungen be- teiligten Mieter gekündigt wird. Im vorliegenden Fall hatte die Vermie- terin (eine Kommanditgesellschaft, deren vier Gesellschafter Mitglied der- selben Familie sind) einer Mieterin gekündigt, deren Liebesbeziehung zu einem anderen Mieter (einer der vier Gesellschafter) in die Brüche gegan- gen war. Die Kündigung begründete die Vermieterin mit den persönlichen Zer- würfnissen zwischen der (gekündigten) Mieterin und dem benachbarten Mie- ter, verbunden mit dem als provokativ empfundenen Auftreten des neuen Le- benspartners der Mieterin. Die damit verbundenen unerträglichen Spannun- gen und die nicht mehr tolerierbare Störung des Hausfriedens hätten die Vermieterin zur Kündigung bewogen. Die Mieterin focht die Kündigung in der Folge als rechtsmissbräuchlich an. Die beiden kantonalen Vorinstanzen schützten – so nun auch das Bundesge- richt - die Kündigung.

Bei den Schlichtungsbehörden gingen zwischen 1. Juli 2016 und 30. Juni 2017 25’793 Anfech-tungen ein. Dies waren 5‘645 weniger als im Zeitraum 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016. Gemessen an den über zwei Millionen Mietverhältnissen in der Schweiz wer- den die Schlichtungsbehörden weiter- hin selten angerufen. Zwischen 1. Juli 2016 und 30. Juni 2017 wurden insge- samt 25‘766 Fälle erledigt, davon 18‘447 Fälle von den Schlichtungsbehörden. In 12‘820 Fällen konnte eine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden. Dies entspricht einem Anteil von 69.5% der von den Schlichtungsbehörden erledigten Verfahren. In 4‘429 Fällen (24%) konnte durch die Schlichtungs- behörden keine Einigung herbeigeführt werden. In 1‘198 Fällen (6,5%) konnten die Schlichtungsbehörden aufgrund der gesetzlichen Grundla-gen direkt einen Entscheid fällen. 7‘319 Fälle wurden an- derweitig erledigt (Rückzug, Nicht-ein- treten, Gegenstandslosigkeit oder Über- weisung ans Schiedsgericht).

Behandelte Fälle 1. Juli 2016 – 30. Juni 2017: 25‘766 Davon durch Schlichtungsbehörden: 18‘447

1‘198 6%

12‘820 70%

4‘429 24%

Einigung Entscheid Nichteinigung

Quelle: Bundesamt für Wohnungswesen

Themenspektrum der behandelten Fälle

1.7.12– 30.6.13

1.7.13– 30.6.14 1.7.14– 30.6.15 1.7.15– 30.6.16 1.7.16– 30.6.17

Anfangsmietzins Mietzinserhöhung Mietzinssenkung

676

697

874

963

898

1‘986 2‘551 1‘083 5‘758 7‘263 1‘929 8‘511

1‘906 2‘755 1‘275 6‘019 7‘962 1‘955 8‘931

1‘767 1‘524 1‘200 6‘349 8‘105 1‘948 7‘226

1‘464 3‘532

1‘298 1‘343

Nebenkosten

1‘139

824

andere Anfechtungsgründe

5‘988 7‘475 1‘955 9‘291

5‘646 6‘751 1‘687 7‘319

Kündigungsschutz Mietzinshinterlegung

andere Fälle*

Total

29‘757

31‘500

28‘993

31‘807

25‘766

Quelle: Bundesamt für Wohnungswesen *andere Fälle: Rückzug, Nichteintreten, Gegenstandslosigkeit oder Überweisung ans Schiedsgerich t

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