HEV Jahresbericht 2022

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JAHRESBERICHT 2022

JAHRESBERICHT 2022

IMPRESSUM Herausgeber: HEV Schweiz, Seefeldstrasse 60, PF, 8032 Zürich Projektleitung: Adrian A. F. Spiess Autoren und Autorinnen: Hans Egloff, Markus Meier, Monika Sommer, Stefan Aeschi, Stéphanie Bartholdi, Annekäthi Krebs, Adrian A. F. Spiess, Katja Stieghorst Layout und Grafiken: Alf Bättig, koko.ch Druck: Ostschweiz Druck, Wittenbach Auflage: 500 Exemplare Urheberrechte © HEV Schweiz 2023 Stand: 31.12.2022

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Inhaltsverzeichnis

INHALT

EDITORIAL Vorwort des Präsidenten

RECHTSPRECHUNG Ausgewählte Bundesgerichtsentscheide Tätigkeit der Schlichtungsbehörden

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DER SCHWEIZERISCHE LIEGENSCHAFTSMARKT HEV Immobilienumfrage 2021 42 Leerstände 44 Preisentwicklung 45 Hypothekarmarkt Baukonjunktur 46

POLITISCHE KERNTHEMEN Wohneigentumsbesteuerung und Eigentumsförderung 12 Raumplanung und Bodenrecht 18 Energie und Umwelt 24 6 Mietrecht und Wohnungspolitik

WEITERE POLITISCHE KERNTHEMEN Ausgewählte Vorstösse auf Bundesebene

DER VERBAND

Direktor Rückblick 2021 HEV Dienstleistungen HEV Vergünstigungen 56 Sektionen und ihre Mitglieder 58 Kantonalverbände und Hauptgeschäftsstellen 59 Verbandsorgane HEV Schweiz 60 Sektionsadressen 62 50 54

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Editorial

VORWORT DES PRÄSIDENTEN

2022 war an allen Fronten ein ereig nisreiches Jahr. Das Ende der Co vid-19-Pandemie, der Krieg in der Uk raine, die Energiekrise, die grassierende Inflation und die Zinswende haben uns alle gefordert. Mit diesen Zeilen möch te ich den Fokus jedoch auf den HEV Schweiz richten.

über die bewegte Geschichte dieses Anliegens, möchte aber kurz darlegen, wo wir heute stehen. In der Herbstses sion 2021 beriet der Ständerat über die Gesetzesvorlage und unterstützte diese grundsätzlich. Seit Oktober 2021 be schäftigte sich dann die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Natio nalrates (WAK-N) mit der Vorlage. Lei der hat die WAK-N die Vorlage derart überladen, dass sich damit kaum mehr Mehrheiten finden lassen. So kam es, wie es kommen musste. Aufgrund der inhaltlich überladenen Vorlage und der erheblichen Abweichungen zum Beschluss des Ständerates wies der Nationalrat in der Herbstsession 2022 das Geschäft umgehend an die Kom mission zurück. Die WAK-N soll die Vorlage nun überarbeiten, damit diese anlässlich der Herbstsession 2023 im Nationalrat behandelt werden kann. Zudem wurde eine Subkommission eingesetzt welche auch die Kantone in die Lösungsfindung miteinbezieht. Ich bleibe damit guten Mutes, dass die Vor lage in absehbarer Zeit erfolgreich über die Ziellinie gebracht werden kann. Der HEV Schweiz wird den weiteren Fort gang dieses Geschäftes nicht aus den Augen lassen und die kommenden Ent wicklungen aktiv und eng begleiten.

Jedem Ende wohnt ein Anfang inne

Die Situation bei den Geschäftsmie ten hat sich nach Aufhebung der Co vid-19-Massnahmen im Sommer 2022 weitgehend entschärft. Der Bundesrat hat entschieden, das Monitoring der Ge schäftsmieten infolge Corona-Pandemie per Ende 2022 abzuschliessen. Das Ende der Covid-19-Massnahmen sowie die Auflösung der Begleitgruppe zum Mo nitoring der Geschäftsmieten sind sehr erfreuliche Nachrichten und es erfüllt uns mit einem gewissen Stolz, dass der HEV Schweiz einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der Pandemie für Un ternehmen und Hauseigentümer leisten konnte. Der vorliegende Jahresbericht erläutert die Positionen und Aktivitäten des HEV Schweiz und gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung zum Miet recht und zum Wohn- und Grundeigen tum. Neben Aktuellem aus dem Bun deshaus und Einblicken in den hiesigen Liegenschaftsmarkt erfahren Sie auf die sen Seiten alles Wissenswerte rund um unseren Verband.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit

Am 1. Juli 2022, anlässlich unserer 107. Delegiertenversammlung haben wir in Münchenstein die erste Totalrevision der Verbandsstatuten seit 1995 vorgenom men. Nach 27 Jahren war es an der Zeit, unsere Statuten sprachlich und inhaltlich an neue Gegebenheiten und an eine sich rasch verändernde Welt anzupassen. Auch im vergangenen Jahr hat uns das Thema «Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung», oder mit anderen Worten die «Abschaffung des Eigenmietwertes» beschäftigt. Dieses Thema bewegt unseren Verband und die Schweizer Wohneigentümer seit Jahr zehnten. Ich verzichte auf einen aus schweifenden polithistorischen Essay Gut Ding will Weile haben

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

aNR Hans Egloff, Präsident HEV Schweiz

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POLITISCHE KERNTHEMEN Wohneigentumsbesteuerung und Eigentumsförderung

selbstgenutztem Wohneigentum war ein betragsmässig und zeitlich befristeter Schuldzinsabzug vorgesehen, weiterhin sah die Vorlage einen reduzierten und begrenzten Abzug für private Schuld zinsen in Höhe von 70% der steuerbaren Vermögenserträge vor. Beratung der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben Im Mai 2022 diskutierte die WAK-N er neut den Systemwechsel bei der Wohnei gentumsbesteuerung, und zwar in zwei Varianten: Zum einen beriet sie eine Vor lage, die in verschiedenen Punkten von der bereits vom Ständerat unterstützten Vorlage abweicht. Zum anderen brachte die WAK-N auch ein Alternativmodell auf das Tapet: Eine generelle Beschränkung

des Eigenmietwertes auf 60%-70% der Marktmiete. Zugleich erteilte sie der Ver waltung erneut den Auftrag, Berechnun gen über die finanziellen Auswirkungen anzustellen. Der HEV Schweiz sprach sich klar gegen das Alternativmodell mit einer Beschränkung auf 60%-70% der Marktmiete aus und forderte eine zügige Fortführung der Beratungen. Im August 2022 hatte das Warten dann endlich ein Ende. Die Mehrheit der WAK-N unterstützte eine Vorlage, die die Abschaffung der Strafsteuer für Eigentü mer von selbstgenutztem Wohneigen tum am Hauptwohnsitz vorsieht. Eine Minderheit beantragte Nichteintreten und wollte dem Systemwechsel damit eine Abfuhr erteilen. Der Entwurf der WAK-N geht weiter als die Vorlage des Ständerates und bringt die Vorlage durch übermässige Forderungen in Gefahr.

Abschaffung des Eigenmietwerts: Langer Atem ist gefragt! Wie schon die letzten Jahre war der Sys temwechsel bei der Wohneigentumsbe steuerung auch 2022 eines der wichtigs ten Themen für den HEV Schweiz. Ein kurzer Rückblick. Im Mai 2021 verab schiedete die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) eine Vorlage zum Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Der Bun desrat teilte im August 2021 mit, dass er diesen Systemwechsel grundsätzlich, mit gewissen Vorbehalten, unterstützt. Anlässlich der Herbstsession 2021 trat der Ständerat auf das Geschäft ein und verabschiedete eine Vorlage, die neben der Abschaffung des Eigenmietwertes für selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz auf Bundes- und Kan tonsebene eine verfassungs- und sys temkonforme Umsetzung des Schuld zinsabzugs vorsah: Für Ersterwerber von

„Der Entwurf der WAK-N geht weiter als die Vorlage des Ständerates und bringt die Vorlage durch übermässige Forderungen in Gefahr . “

Die Vorlage der WAK-N vom August 2022 im Detail:

Beibehaltung eines Abzugs für Unterhaltskosten

Abzugsfähigkeit von privaten Schuldzinsen in Höhe von maximal 100% der steuerbaren Vermögenser träge Streichung des vorgesehenen Schuld- zinsabzugs für Ersterwerber Abschaffung der Eigenmietwertbe- steuerung für alle selbstgenutzten Im mobilien, d.h. auch für Zweitliegen schaften

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Politische Kernthemen

Beratung im Nationalrat anlässlich der Herbstsession 2022

In der Herbstsession 2022 durfte sich auch der Nationalrat über die Vorlage beugen. Nach eingehenden und inten siven Voten diverser Parlamentarier entschied der Nationalrat mit 125 zu 68 Stimmen, grundsätzlich auf die Vorlage zum Systemwechsel bei der Wohneigen tumsbesteuerung einzutreten. Damit ist ein grosser Schritt gemacht worden. Aufgrund der von der WAK-N ausgear beiteten Vorlage, die in einigen Punkten erheblich von der Vorlage des Ständera tes abweicht, entschied der Nationalrat allerdings mehrheitlich, keine Detail beratung vorzunehmen, sondern einen Antrag auf Rückweisung an die WAK-N zu unterstützen. So ging die Vorlage zu rück an die zuständige Kommission, die aufgefordert wurde, die Vorlage so zu überarbeiten, dass sie ihrer eigentlichen Zielsetzung entspricht und dabei wich tige Grundsätze berücksichtigt. Dazu gehören insbesondere das Anstreben eines vollständigen Systemwechsels, die Beachtung des verfassungsmässigen Grundsatzes der Wohneigentumsför derung und der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Verhinderung unzulässi ger Disparitäten zwischen Mieterinnen und Mietern und Wohneigentümerin nen und Wohneigentümern. Darüber hinaus soll auch geprüft werden, ob eine Subkommission eingesetzt werden soll, die insbesondere auch die Kantone in die Lösungsfindung mit einbezieht.

Es ist geplant, die Vorlage anlässlich der Herbstsession 2023 wieder im National rat zu behandeln. Der Bundesrat liess verlauten, dass er sich gemeinsam mit den Kantonen ausdrücklich für eine ra sche Lösungsfindung einsetzen will.. Abschaffung des Eigenmiet werts nur für Rentner ist aussichtslos Sowohl der Stände- als auch der Natio nalrat berieten je einen gleichlautenden Vorstoss, der die Abschaffung des Eigen mietwerts für Rentner forderte. Beide

Räte erteilten der Motion «Nein zu sozia listischen Forderungen nach noch mehr Staatsausbau, noch mehr Steuern und noch mehr Umverteilung. Ja zu eigenver antwortlichen, bürgerlichen Lösungen, Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts für Rentner» eine Absage. Die Intention der Motionen ist durchaus nachvollzieh bar, dennoch ist dem Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung der Vorzug zu geben. Zum einen ist die Be ratung des Systemwechsels bereits weit fortgeschritten, zum anderen sollte eine Lehre aus den bisherigen Erfahrungen gezogen werden. So wurde schon 2012 die Volksinitiative zur Abschaffung der Besteuerung der fiktiven «Eigenmiete» nur für Rentner anlässlich der Volksab stimmung «Sicheres Wohnen im Alter» vom Volk abgelehnt. Auch ein entspre chender Vorschlag im Parlament, der ein Wahlrecht für Rentner vorsah, scheiterte im Ständerat. Im Rahmen der parlamen tarischen Beratungen der beiden Vorla gen wurde immer wieder kritisiert, dass damit nur den Rentnern geholfen wür de. Zur Förderung des Wohneigentums für junge Erwerber würde damit jedoch

„Es ist geplant,

die Vorlage anlässlich der

Herbstsession 2023 wieder im Nationalrat zu behandeln . “

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Politische Kernthemen

„Es muss eine Lösung gefunden

werden , die alle steuerpflichtigen

Eigentümer von Liegenschaften

in der Schweiz berücksichtigt. “

Verlängerung des Niederstwertprinzips negiert jeden Preisanstieg und stellt ei nen krassen Eingriff in die Eigentums rechte der Immobilieneigentümer dar. Zudem beinhaltet der Entwurf unver hältnismässige Risikozuschläge für nicht selbstgenutzte Liegenschaften, Baukre dite und Kredite für Bauland. Der HEV Schweiz sieht derzeit weder An lass noch Bedarf zu weiteren Marktein schränkungen durch Verschärfungen der entsprechenden Regulierungen. Des halb kann der Verband die Umsetzung von Basel III in seiner jetzigen Form nicht unterstützen. Die Vernehmlassungsfrist ist am 25. Oktober abgelaufen.

nichts getan. Diese Einschätzung dürfte sich bis heute kaum geändert haben, so dass eine Forderung nach der Abschaf fung des Eigenmietwertes nur für Rent ner aussichtslos erscheint. Es muss eine Lösung gefunden werden, die alle steu erpflichtigen Eigentümer von Liegen schaften in der Schweiz berücksichtigt. Vernehmlassung zur Änderung der Eigenmittel verordnung (ERV) – Basel III Mit dieser Vorlage sollen die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht verab schiedeten finalen Basel III Standards in Schweizer Recht überführt werden. Basel III beinhaltet nebst anderem, Empfehlungen zu grundpfandgesicher

ten Krediten, die je nach deren Umset zung erhebliche Auswirkungen auf den schweizerischen Immobilien- und Hy pothekarmarkt – und somit unmittelbar auf das Immobilieneigentum und damit in bedeutendem Masse auch auf die Im mobilieneigentümer – haben werden. Die allermeisten Personen sind beim Kauf eines Hauses oder einer Eigen tumswohnung auf Hypothekarkredite angewiesen. Kreditinstitute müssen die Flexibilität haben, individuell und der jeweiligen Situation angepasst auf Kre ditgesuche einzutreten und somit mass geschneiderte, aber auch risikogerechte Lösungen mit dem Hypothekarnehmen den zu finden. Die heutige Praxis der Hypothekarvergabe ist nachhaltig und funktioniert sehr gut. Eine willkürliche

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Politische Kernthemen

Bundes an Privatpersonen, (2) Locker- ung der Eigenmittelvorschriften der Banken, (3) tiefere Zinssätze für die Tragbarkeitsberechnung einer Hypo thek und (4) zinslosen Darlehen und Bürgschaften für Wohnbausanierungen in Stadt- und Dorfkernen. Der HEV Schweiz unterstützt diese Moti on. Im Wohnungsbau sind Förderungen des Bundes zurzeit ausschliesslich auf den gemeinnützigen Mietwohnungsbau ausgerichtet. Die Förderung des Baus und des Erwerbs von Wohn- und Haus eigentum, die dem Eigenbedarf Privater dient, wird jedoch vernachlässigt. Die obengenannten Massnahmen sollten

geprüft werden. Die Kreditsicherung könnte durch Vorgaben betreffend Lauf zeit von Festhypotheken und Amortisati onspflichten erfolgen. Die Motion wurde vom Ständerat an seine Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) zur Vorprüfung über wiesen.

Wohneigentumsförderung für selbst bewohntes Wohn- eigentum endlich umsetzen Mit einer Motion fordert Ständerätin Z'graggen den Bundesrat auf, Massnah men zu ergreifen, die den Erwerb von selbstbewohntem Eigentum fördern, wie es in Artikel 108 der Bundesverfassung vorgesehen ist. Der Bundesrat soll Massnahmen zur För derung des Erwerbs von selbstbewohn tem Eigentum evaluieren und Lösungen vorschlagen. Mögliche Massnahmen sind (1) Darlehen oder Bürgschaften des

„Im Wohnungsbau sind

Förderungen des Bundes zurzeit ausschliesslich auf den gemeinnützigen

Mietwohnungsbau ausgerichtet. “

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Politische Kernthemen

„Der Traum vom eigenen Zuhause ist in der Schweiz weit verbreitet . “

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Politische Kernthemen

Mietrecht und Wohnungspolitik Gesetzliche Anpassungen, um Probleme aus der Miet rechtspraxis zu beheben: missbräuchliche Untermiete,

tern. Vielmehr soll der Durchsetzung der bestehenden Mietrechtsregelung bei Eigenbedarfskündigungen eines Er werbers einer Wohnung oder eines Ge schäftsraums durch eine Anpassung der Verfahren Rechnung getragen werden. Der HEV Schweiz unterstützte die par lamentarischen Initiativen, welche die vorgeschlagenen drei Revisionsvorla gen auslösten. Die in der Vernehmlas sung vorgeschlagene Umsetzung der vier parlamentarischen Initiativen zum Mietrecht ist allerdings nicht immer ziel führend. Der HEV Schweiz hatte daher in seiner Stellungnahme eine Nachbes serung gefordert. Am 11. November 2022 hat die Rechts kommission des Nationalrates (RK-N) sodann entschieden, an ihrer Umset zung der Vorlagen festzuhalten. Der HEV Schweiz begrüsst die vorgeschlagene Regelung zur Einschränkung von miss bräuchlichen Untermieten und für die Zulassung der «mechanischen» Unter zeichnung der Mietzins-Formulare. Für

zur Umsetzung der Forderungen der Initiativen in eine Vernehmlassung ge schickt. Inhaltlich geht es bei diesen Vor lagen um keine materiellen Änderungen des geltenden Mietrechts. Sie bewir ken keine Einbusse der Rechte und des Schutzes der Mieterinnen und Mieter. Es geht um die Beseitigung von sinnlosen Formalien (handschriftlich erstellte Un terschrift auf Formularen) sowie um die Schaffung von Rechtssicherheit durch klare Verhältnisse bei der Untermiete – zugunsten aller ehrlichen Mietparteien und der weiteren Hausbewohner/Nach barn. Diese formalen Anpassungen las sen sich einfach im Sinne der Vernehm lassungsvorlagen umsetzen. Bei der parlamentarischen Initiative «Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen» geht es ebenfalls nicht um eine materielle Mietrechtsän derung oder eine «Gewichtsverschie bung» zwischen Mietern und Vermie

mechanische Unterschrift und Kündigung des Miet- verhältnisses wegen Eigen- bedarfs des Vermieters Vor rund sieben Jahren wurden von vier Nationalräten parlamentarische Vor stösse eingereicht, um Probleme aus der Mietrechtspraxis durch gesetzliche Anpassungen zu beheben. Dies betrifft Anpassungen der Untermiete, der Form vorschriften bei Mietzins-Formularen sowie beim Erwerb eines Mietobjekts zur Eigennutzung. Die vier Initiativen wurden durch die Rechtskommissionen beider Räte unter stützt. Im Jahr 2021 hatte die zuständige Rechtskommission des Nationalrates schliesslich konkrete Gesetzesvorlagen

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Politische Kernthemen

„Der HEV Schweiz hatte daher

in seiner Stellungnahme eine

Nachbesserung gefordert . “

Neuerwerber wird die Verfügung über ihre eigene Wohnung innert nützlicher Frist allerdings weiterhin eine Illusion bleiben. Diese Vorlage ist von der Stän deratskommission nachzubessern.

Missbräuchliche Untermiete vermeiden

Mit der verabschiedeten Änderung im Mietrecht sollen künftig missbräuch liche Untermieten durch Verschlei erungstaktik der Mieter wirksamer verhindert werden können. Heute miss brauchen Mieter leider ihre günstigen Mietwohnungen immer wieder, um da mit Geschäfte zu machen. Sie verlangen von Untermietern horrend hohe Unter mieten, indem sie 40%, 50%, oder noch höhere Zuschläge auf den Mietzins machen, den sie selbst dem Vermieter bezahlen. Dies ohne Zustimmung des Vermieters. Häufig wird dem Untermie ter auch rechtswidrig das Anfangsmiet zinsformular vorenthalten. Über den horrenden Aufschlag ist er folglich nicht informiert. Leider lässt sich die Wahr heit ohne Dokumente in einem Ver fahren gut verschleiern. Daher will der Vorstoss, dass die Bewilligung mit den deklarierten Konditionen der Untermie te künftig schriftlich eingeholt werden muss. Für redliche Mieter bedeutet die se keinerlei Einschränkung, sie tun dies bereits heute. Auf mechanischem Wege nachge bildete Unterschriften für zulässig erklären Beim Vorstoss Feller geht es um die Zulassung der mechanischen Unter schrift auf den Formularen, statt der handschriftlichen Unterzeichnung. Dies sollte im 21. Jahrhundert eigent lich eine Selbstverständlichkeit sein.

Mietzinsgestaltung: Behebung von Praxisproble men harrt der Umsetzung Die Rechtskommission des Nationalra tes hatte in den letzten Jahren sodann verschiedene parlamentarische Initi ativen zum Thema Mietzinsgestaltung vorgeprüft. Von diesen Initiativen ha ben es die parlamentarischen Initiati ven Egloff «Für Treu und Glauben im Mietrecht. Anfechtung des Anfangs mietzinses nur bei Notlage des Mie ters» und «Beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit der Mie ten schaffen» in die 2. Phase des Verfah rens (Ausarbeitung einer Vorlage innert zwei Jahren) geschafft. Die Kommission ist zum Schluss gekommen, dass nur punktuelle Anpassungen der Regeln der Mietzinsgestaltung vorzunehmen sind. Entsprechend hat sie sich da

Damit ist kein Abbau der Schutzrechte der Mieter verbunden (der Unterschied dürfte optisch kaum festzustellen sein). Nutzung der eigenen Wohnung oder des eigenen Geschäftslokals ermöglichen Die Initiative von aNR Merlini bezweckt die Beschleunigung der viel zu lan gen Verfahren bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs des Vermieters. Heute kann es Jahre dauern, bis der Neuerwerber endlich über seine eigene Wohnung oder sei nen eigenen Gewerberaum verfügen kann. Der HEV Schweiz begrüsst, dass die Kommission hierfür eine Verbes serung durch eine Fristverkürzung und Verfahrensbeschleunigung verab schiedet hat.

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Politische Kernthemen

würde Treu und Glauben bei Mietver trägen über Bord geworfen und ein Tor für die Ausnützung von kostenlosen Schlichtungsverfahren geöffnet. Periodische Revision der Renditen auf Mieteinnahmen bei Wohnimmobilien zur Sicherstellung des gesetzli chen Zustands Der Vorstoss von Nationalrätin Badran und Ständerat Sommaruga verlangte eine regelmässige Überprüfung der er zielten Renditen für Eigentümer von Mietwohnungen. Diese Pflicht sollte durch eine Anpassung des Mietrechts erreicht werden. Der HEV Schweiz gab zu bedenken, dass das Mietrecht schon heute mehrere Vorgaben gegen missbräuchliche Mie ten und einen gut ausgebauten Mieter schutz vorsieht. Zudem kann der Mieter jede Mietzinserhöhung - zum Beispiel infolge wertvermehrender Investiti on - anfechten und prüfen lassen. Das Anfechtungsverfahren bei der Schlich tungsbehörde ist kostenlos. Diese Initiative forderte eine Umkehr wendung im Schweizer Mietrecht. Statt Mieterschutzrechte, über deren Aus übung der Mieter selbst entscheidet, sollte ein staatliches Mietzinsdiktat eingeführt werden. Dies würde zu einer Entmündi gung der Mietvertragsparteien führen. Die staatliche Renditeprüfungen würden zudem enormen administrativen Auf wand verursachen. Es müssten die Ren diten von den Mieten von 2.3 Millionen Mieterhaushalten auf ihre Missbräuch lichkeit überprüft werden. Ausserdem müsste man Zugang zu Informationen haben, die durch das Datenschutzgesetz geschützt sind, damit die berechnete Rendite ermittelbar ist.Die Argumente des HEV Schweiz fanden im Parlament Gehör. Beide Räte haben entschieden, der Initiative keine Folge zu leisten.

„Der HEV Schweiz fordert ,

dass die beiden bereits vor Jahren durch die zuständigen parlamentarischen Kommissionen unterstützten Begehren des Präsidenten des HEV Schweiz, aNR Hans Egloff, endlich umgesetzt werden. “

für ausgesprochen, die Umsetzung der beiden parlamentarischen Initiativen Egloff (16.451 und 17.493) nun an die Hand zu nehmen. Die Kommission be antragte im November 2022 ihrem Rat entsprechend mit 15 zu 9 Stimmen, die Frist für die Umsetzung der beiden Ini tiativen ein weiteres Mal um zwei Jahre zu verlängern und hat der Verwaltung den Auftrag erteilt, ihr an einer ihrer nächsten Sitzungen verschiedene Um setzungsvarianten zu präsentieren. Der HEV Schweiz fordert, dass die beiden bereits vor Jahren durch die zuständi gen parlamentarischen Kommissionen unterstützten Begehren des Präsidenten des HEV Schweiz, aNR Hans Egloff, end

lich umgesetzt werden. Die vom Gesetz vorgesehene Orts- und Quartierüblich keit eines Mietzinses als Nachweis für die Zulässigkeit eines Mietzinses muss endlich durch einfache Regeln zur Ver gleichbarkeit der Mietobjekte prakti kabel gemacht werden. Dies dient den Mietparteien ebenso wie den Schlich tungsbehörden und Gerichten. Zudem ist der Möglichkeit zur nachträglichen Anfechtung eines vertraglich vereinbar ten Mietzinses wieder auf Mieterinnen und Mieter in Notlagen zu beschränken. Es gilt Missbräuche zu verhindern, wo sich die Mietpartei in einer Zwangslage befindet. Ein generelles Anfechtungs recht ist jedoch inakzeptabel. Damit

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Politische Kernthemen

Fristenstillstand und Berechnungsfrist der

Rechtsprechung und in der Praxis eta bliert. Unterlässt es der Mieter, das Ein schreiben abzuholen, gilt die Kündigung als zugestellt und die Anfechtungsfrist beginnt ebenfalls zu laufen. Gemäss dem Vorstoss sollen schriftliche Kündigungen zukünftig erst am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellversuch als zugestellt gelten (= relative Empfangsthe orie). Das Bundesgericht hat wiederholt festgestellt, dass die absolute Empfangs theorie in gerechter Weise auf die gegen sätzlichen Interessen der beiden Partei en Rücksicht nimmt, auf diejenigen des Absenders (Vermieter) und diejenigen des Empfängers (Mieter). Der Absender (Vermieter) trägt das Risiko der Übertra gung des Schreibens bis zum Zeitpunkt, in welchem es in den Machtbereich des Empfängers (Mieter) gelangt. Der Emp fänger (Mieter) trägt das Risiko im Innern seines Machtbereichs, dass er nicht oder verspätet von der Mitteilung Kenntnis er langt. Es gibt keinen Grund, von diesem bewährten Vorgehen abzuweichen und die Interessen des Empfängers (Mieters) höher zu gewichten. Beide Vorstösse wurden von der vorbera tenen Rechtskommission zur Ablehnung empfohlen und in der Wintersession 2022 vom Nationalrat wuchtig abgelehnt.

fahren ermöglichen. Schon heute sind die Schlichtungsbehörden ob der vielen Verfahren überlastet und können diese oft nicht innert der geforderten 2 Monate durchführen. Kommt nun noch ein Fris tenstillstand hinzu, sorgt diese Verzöge rung für Rechtsunsicherheit und birgt erhebliches Konfliktpotential auch für Mieter, die unter Umständen dann eine noch kürzere Frist zur Verfügung haben, um das Mietobjekt zu verlassen. Hinzu kommt, dass ein Schlichtungsverfahren relativ formfrei möglich ist; es bedarf keiner ausführlichen Rechtsschrift und keiner anwaltlichen Vertretung. Mit der geltenden Frist von 30 Tagen haben Mie ter bereits heute ausreichend Zeit, sich über ihre Möglichkeiten zu informieren, zudem wird im amtlichen Formular klar auf alle rechtlichen Möglichkeiten hin gewiesen. Der zweite Vorstoss forderte eine Anpas sung der Berechnungsfrist der Zustellung von Kündigungen. Kündigt ein Vermieter heute schriftlich ein bestehendes Miet verhältnis, dann untersteht diese Kün digung der absoluten Empfangstheorie. Demnach beginnt die Frist zur Anfech tung ab dem Tag zu laufen, an dem der Mieter den eingeschriebenen Brief (Kün digung) das erste Mal hätte abholen kön nen. Die heutige Regelung hat sich in der

Zustellung von Kündigungen: Verschlechterung abgewehrt

Zwei Vorstösse von Nationalrat Chris tian Dandrès, Ausschuss-Mitglied des Schweizerischen Mieterverbandes (AS LOCA) forderten 2022, dass in gewissen mietrechtlichen Streitigkeiten, entgegen dem Willen des Gesetzgebers, ein Fris tenstillstand während gewissen Zeiten eingeführt werden sollte und, dass bei Kündigungen zukünftig eine andere Be rechnung der Frist ab Zustellung einge führt werden sollte. Beide Neuregelungen hätten zu einer erheblichen Verschlech terung der Fristenregelung geführt. Der erste Vorstoss stellte einen Angriff auf den bewährten Fristenstillstand bzw. die sinnvollen Ausnahmen die ser Regelung dar. Gemäss Art. 145 ZPO (Zivilprozessordnung) stehen gesetzli che und gerichtliche Fristen während gewissen Zeiten still. Der Gesetzgeber hat aber bewusst den Fristenstillstand nicht für sämtliche Schlichtungsver fahren sowie summarische Verfahren eingeführt. Das Schlichtungsverfahren dient der Streitvermittlung und soll den Parteien ein schnelles, formloses Ver

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Politische Kernthemen

„Der HEV Schweiz setzt sich deshalb auf allen Ebenen konsequent für die Förderung und Erhaltung des Wohn-und Grundeigentums in der Schweiz ein. “

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Politische Kernthemen

Raumplanung und Bodenrecht

obligatorische Abgabe verzichtet. Es steht den Kantonen und den Gemeinden frei, darüber zu entscheiden. Dies entspricht auch dem föderalen Gedanken und dem Prinzip der Subsidiarität. Mit RPG 1 wur de zum Ausdruck gebracht, dass die in nere Verdichtung gefördert werden muss. Damit dem Verdichtungsgedanken zum Durchbruch verholfen wird, sollte eine Um-/Aufzonung dagegen auch ohne Mehrwertabgabe erfolgen können.

Landschaftsinitiative und der indirekte Gegenvorschlag

Revision des Raumplanungsgesetzes

Mit der Revision des Raumplanungsge setzes 1. Etappe (RPG 1), im Jahr 2012 hat te der Gesetzgeber eine Ergänzung von Art. 5 des Raumplanungsgesetzes zur Re gelung betreffend Ausgleich planerischer Mehrwerte vorgenommen. Bei Neuein zonungen müssen die Kantone zwingend eine Abgabe von mindestens 20% des Mehrwertes erheben. Bei Auf- und Umzo nungen wurde hingegen bewusst auf eine

Die Landschaftsinitiative will den Grund satz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet (Trennungsgrundsatz) stärken sowie die Anzahl der Gebäude und die von ihnen beanspruchte Fläche im Nichtbaugebiet plafonieren. Weiter sind verschiedene Grundsätze vorgese hen, die darauf abzielen, Bau- und Um nutzungsmöglichkeiten im Nichtbau gebiet zu beschränken. Der Bundesrat empfiehlt, diese Volksinitiative abzuleh nen. Auch der HEV Schweiz lehnt die Volksinitiative entschieden ab. Diese wür de die künftige Entwicklung der Schweiz stark behindern. Der Initiativtext ist zu dem ungenau formuliert und würde mehr Verwirrung als Klarheit schaffen. Die Um setzung der Forderungen würde darüber hinaus zu enormen Kosten führen.

Das Bundesgericht hat 2022 jedoch mit einem neuen Entscheid für Rechts

„Bei Auf- und Umzonungen

wurde hingegen bewusst auf eine obligatorische Abgabe

verzichtet .“

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Politische Kernthemen

zung in Art. 5 eingefügt. Das kantonale Recht gestaltet den Ausgleich so aus, dass mindestens Mehrwerte bei neu und dau erhaft einer Bauzone zugewiesenem Bo den ausgeglichen werden. Bei Auf- und Umzonungen steht es den Kantonen und Gemeinden hingegen frei, ob sie eine Ab gabe erheben wollen. Der Ständerat hat die RPG 2 im Juni 2022 verabschiedet. Die Zahl der Bauten und bebauten Flächen ausserhalb von Bau zonen soll nicht steigen, die Kantone aber zugleich Spielraum für eigene Entschei dungen erhalten. Herzstück ist ein Stabi lisierungsziel für Gebiete ausserhalb von Bauzonen. Die Kantone sollen im Richt

plan ein Gesamtkonzept zur Erreichung dieses Zieles festlegen müssen und dem Bund regelmässig Bericht erstatten. Er fassen müssen die Kantone etwa die Zahl der neu erstellten und abgebrochenen Gebäude und auch die Entwicklung der Bodenversiegelung. Passen die Kantone ihre Richtpläne nicht innert fünf Jahren entsprechend an, dürfen sie ohne Kom pensation keine neuen Gebäude ausser halb ihrer Baugebiete bewilligen. Um wirtschaftliche Entwicklungen zu er möglichen, können Kantone ausserhalb der Baugebiete in Spezialzonen nicht an den Standort gebundene Nutzungen zu lassen. Dafür gelten Auflagen, etwa Kom pensations- und Aufwertungsmassnah men. Die Kantone können umgekehrt

unsicherheit gesorgt. Denn dieses hat geurteilt, dass die Vorschrift einer Ge meinde oder eines Kantons, welche für die Aufzonung keine Mehrwertabgabe vorsieht, rechtswidrig ist. Diese Inter pretation des Bundesgerichts wider spricht dem klaren Willen des Gesetz gebers, was auch in der Rechtslehre auf grossen Widerstand stiess. Es ist daher äusserst wichtig, dass der Bundesge setzgeber rasch Rechtssicherheit schafft. Nachdem der Nationalrat auf Vorschlä ge des Bundesrates zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes - 2. Etappe (RPG 2) Ende 2019 nicht eingetreten war, ent schied sich die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Stände rates (UREK-S), den Entwurf des Bun desrates neu aufzulegen und in überar beiteter und vereinfachter Version als Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative zu positionieren. Um Rechtssicherheit zu schaffen, hat der Ständerat eine Ergän Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative

„Um Rechtssicherheit

zu schaffen, hat der Ständerat

eine Ergänzung in Art.5 eingefügt ."

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„ Sowohl der Bundesrat

als auch der HEV unterstützen den indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative , so wie ihn der der Ständerat verabschiedet hat."

Verjährung der Rückbaupflicht illegaler Bauten ausserhalb der Bauzonen Eine Kommissionsmotion sowie eine Standesinitiative des Kantons Wallis verlangen, dass die in der Bauzone ge bräuchliche Verjährung für rechtswid riges Bauen auch für illegale Bauten in der Nichtbauzone festgesetzt werden soll. Die Vorstösse fordern eine gesetz liche Regelung, damit bei widerrecht lich erstellten Bauten ausserhalb der

ist im Sommer 2022 einstimmig auf den Entwurf des Ständerates eingetreten. Ver schiedene Seiten äusserten jedoch auch Kritik an Bestimmungen, die vom Stän derat eingefügt wurden, und stellten ent sprechende Anpassungen an der Vorlage in Aussicht. Sowohl der Bundesrat als auch der HEV unterstützen den indirekten Gegenvor schlag zur Landschaftsinitiative, so wie ihn der Ständerat verabschiedet hat.

ausserhalb von Bauzonen aber über das Raumplanungsgesetz hinausgehende zu sätzliche Einschränkungen erlassen.

Diese Flexibilisierung ist aus Sicht des HEV ein Kernelement der Vorlage und genauso wie die obenerwähnte Ergän zung in Art. 5 eine Grundvoraussetzung für eine Zustimmung zur Revision des Raumplanungsgesetzes.

Das Geschäft ist jetzt im Nationalrat. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N)

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Weitere politische Sachthemen

tung beeinträchtigt, so hat die zuständige Baupolizeibehörde zielstrebig und kon sequent einzuschreiten und deren Be seitigung bzw. die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes durchzusetzen. Eine Tolerierung während Jahrzehnten bei solchermassen eklatanten Verstössen ist unhaltbar. Eine Rückgängigmachung nach mehr als drei Jahrzehnten ist dagegen in vielen Fäl len unzumutbar. Dies auch aufgrund der Beweislage. Bei rund 30-jährigen Bauten sind die Baubewilligungen teilweise gar nicht mehr archiviert, sodass der Eigentü mer die Rechtmässigkeit der Baute nicht mehr beweisen kann. Die zuständige Parlamentskommission des Ständerates unterstützt das Anliegen der Vorstösse und möchte dieses bereits in der laufenden Revision des Raumpla nungsgesetzes umsetzen.

„ Mit einer Verjährungs- oder Verwirkungsfrist für illegales Bauen wird Rechtssicherheit geschaffen.“

Bauzonen die Pflicht zur Wiederherstel lung des rechtmässigen Zustandes nach 30 Jahren verwirkt ist und nicht mehr durchgesetzt werden kann. Grundsätzlich gilt für Bauten, die ohne Bewilligung innerhalb der Bauzonen erstellt wurden, dass die Wiederherstel lungspflicht nach 30 Jahren verjährt. In einem Entscheid aus dem Jahr 2021 hielt das Bundesgericht fest, dass diese zeitli che Befristung der Durchsetzungsmög lichkeit des Anspruchs zur Wiederher stellung des rechtmässigen Zustandes illegaler Bauten ausserhalb der Bauzo nen nicht zur Anwendung gelange. Der Durchsetzungsanspruch zur Rückgängig machung von unrechtmässig erstellten

Bauten ausserhalb der Bauzonen ist so mit grundsätzlich zeitlich unbeschränkt durchsetzbar. Der HEV Schweiz unterstützt das Anlie gen. Mit einer Verjährungs- oder Verwir kungsfrist für illegales Bauen wird Rechts sicherheit geschaffen. Dies gilt für Bauten innerhalb genauso wie für Bauten ausser halb der Bauzonen. Eine Unterscheidung zwischen Bau- und Nichtbauzonen hin sichtlich der Verwirkung von unbewillig ten Bauten ist nicht sachgerecht. Wenn eine rechtswidrige Baute oder Anlage eklatante negative Auswirkung hat, in dem sie sich in empfindlichem Mass auf Landschaft, Natur und Umwelt auswirkt oder die landwirtschaftliche Bewirtschaf

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Politische Kernthemen

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Politische Kernthemen

„Es ist wichtig, dass die Wohnbaupolitik pragmatischer

wird und dringend notwendiger neuer Wohnraum nicht mit ideologischen Vorgaben verhindert wird. “

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Politische Kernthemen

Energie und Umwelt

Vernehmlassung zur Revision des CO 2 -Gesetzes Die Ablehnung der Totalrevision des CO 2 -Gesetzes in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 hat gezeigt, dass eine Mehrheit der Stimmbevölkerung ver standen hat, dass neue Vorschriften und Zwänge im Gebäudebereich zu höhe ren Wohnkosten führen, insbesondere, weil aufgrund der neuen Grenzwerte im Gebäudebereich ein Grossteil der Im mobilieneigentümer zu unmittelbaren und umfassenden Gebäudesanierungen genötigt worden wäre. Höhere Wohn kosten und eine staatliche Umverteilung von zusätzlichen Abgaben wurden somit klar abgelehnt. Mit dem revidierten CO 2 -Gesetz will der Bundesrat die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 gegenüber dem massgeblichen Basisjahr 1990 halbie ren. Die Revision umfasst die Massnah men für die Zeit von 2025 bis 2030. Die Vorlage führt bewährte Instrumente wie die CO 2 -Abgabe weiter und verzichtet,

um der Volksabstimmung vom Juni 2021 Rechnung zu tragen, auf neue Abgaben und auf die Erhöhung bestehender Ab gaben. Der Bundesrat setzt stattdessen auf Anreize, die durch gezielte Förde rungen und sektorspezifische Investiti onen ergänzt werden. Er wird aber auch von seiner Kompetenz, neue verschärfte Zwischenziele festzulegen, Gebrauch machen. Diese Rechtsetzungskompe tenz überschreitet klar die Vollzugskom

Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen, sind vor allem die Kantone zuständig. Diese verfassungskonfor me Kompetenzverteilung zugunsten der Kantone ist voll zu respektieren. Mit den Mustervorschriften der Kan tone im Energiebereich (MuKEn) wird die Verantwortung zur Erreichung der Halbierung der Treibhausgasemissi onen bis 2030 bereits übernommen. Die stetig zunehmende Rechtsetzungs

„Der HEV Schweiz unterstützt das Ziel des Bundesrats, im Rahmen des Pariser Übereinkommens bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen. “

petenz im Rahmen der Verordnung. Die Halbierung des CO 2 -Ausstosses bis 2030 gegenüber 1990 ist auch ohne über regulierende Absenk- und sektorielle Zwischenziele erreichbar. Weitere Re gelungen für den Gebäudebereich sind nicht nötig. Für Massnahmen, die den

kompetenz des Bundesrats auf Verord nungsstufe geht wie bei der Festsetzung von sektoriellen Zwischenzielen, den einzutragenden Angaben ins Gebäu de- und Wohnungsregister (GWR) und einer zusätzlichen Beratungspflicht bei einem Heizungsersatz durch eine fos

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Politische Kernthemen

sil betriebene Anlage, deutlich zu weit. Bestehende Instrumente entsprechen bereits dem Vorsorgeprinzip und haben sich bewährt. Erhebungen der Kantone zeigen, dass schon heute – ohne neues CO 2 -Gesetz – zunehmend fossile Hei zungen durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden. Im Zusammenhang mit der Förderung von Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität bevorzugt der HEV Schweiz steuerliche Abzüge gegenüber Fördergeldern klar. Nicht ausgeschöpfte Erlöse sollen nicht umverteilt, sondern an Bevölkerung und Wirtschaft rücker stattet werden. Der HEV Schweiz hat in seiner Stellung nahme den unterbreiteten Revisionsent wurf des Bundesrats entschieden abge- lehnt, insbesondere die Rechtssetzungs- kompetenz des Bundesrats betreffend Reduktionszielen im Gebäudebereich und die Erhöhung der Teilzweckbin dung der CO 2 -Abgabe. Der HEV Schweiz unterstützt das Ziel des Bundesrats, im Rahmen des Pariser Übereinkom mens bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, wird dies auch weiterhin so handhaben, sich aber gleichwohl auch bei weiteren Vorstössen hin zu Verboten und Bevormundung dafür einsetzen, dass der Gebäudebereich nicht über Ge bühr belastet wird. Für ein gesundes Klima - Gletscherinitiative (direkter und indirekter Gegenvorschlag) Die Volksinitiative will das aus dem Klimaübereinkommen von Paris vom Dezember 2015 abgeleitete Verminde rungsziel von Netto-Null Treibhaus gasemissionen für das Jahr 2050 in der Verfassung festschreiben. Abweichend von der Volksinitiative will der direkte Gegenvorschlag des Bundesrats fossile Energien nicht verbieten und die «Neu tralisation» von CO 2 -Emissionen durch Senken im In- oder Ausland ermögli chen. Der indirekte Gegenvorschlag der

men. Der HEV Schweiz hält weder den direkten noch den indirekten Gegenvor schlag für zielführend und wird sich auch weiterhin dementsprechend einbringen. Das Parlament verabschiedete das Ge setz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Ener giesicherheit (KIG) in der Herbstsession als indirekten Gegenvorschlag zur Glet scher-Initiative. Die SVP will das Gesetz mit dem Referendum bekämpfen. Das Initiativkomitee zog seine Initiative nach der Verabschiedung des Klima schutz-Gesetzes bedingt zurück. Gäbe es ein Nein zum indirekten Gegenvorschlag könnte es doch noch eine Abstimmung über die Gletscher-Initiative geben.

vorberatenden Kommission des Natio nalrates strebt zur raschen Umsetzung eine Regelung auf Gesetzes- anstatt auf Verfassungsstufe an. Kern des indirekten Gegenvorschlags bil- den das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG); Änderungen im Energiegesetz, der Bun desbeschluss über die Finanzierung des Sonderprogrammes zum Ersatz von Heizungsanlagen sowie der Bundesbe schluss über die Finanzierung der Förde rung von neuartigen Technologien und Prozessen. Änderungen im Energiege setz wie die Pflicht zur Nutzung der So larenergie bei Neubauten greifen sowohl in die Eigentumsgarantie als auch in die Wirtschaftsfreiheit ein. Als Rahmenge setz enthält auch der indirekte Gegenvor schlag nur wenig zielgerichtete Massnah

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Weitere politische Sachthemen

Vernehmlassung zu Verord nungsänderungen im Bereich Bundesamt für Energie (BFE) mit Inkrafttreten 2023 Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kom munikation (UVEK) führte zu den vor gesehenen Teilrevisionen der Energie- effizienzverordnung, der Energieför derungsverordnung, der Rohrleitungs verordnung und der Verordnung des UVEK über den Herkunftsnachweis und die Stromkennzeichnung ein Vernehm lassungsverfahren durch. Die Verord nungsänderungen dienen der Anpas sungen an die Vorschriften der EU. Mit der neuen EU-Verordnung werden die Mindestanforderungen an die Energie effizienz im Bereitschaftszustand gegen über heute leicht erhöht. Die Anpassun gen der heute in der Schweiz geltenden Regelungen nach den Vorschriften der

Verordnungen Energiemangellage

EU sind primär formeller Natur. Die Sai sonalität von Stromproduktion und -verbrauch wird durch die Umstellung auf die quartalsscharfe Kennzeichnung besser abgebildet. Damit wird auch die Stromkennzeichnung transparenter ge genüber Stromverbrauchern bezüglich Herkunft und Qualität des verbrauchten Stroms. Der HEV Schweiz unterstützt die vorgeschlagenen Änderungen der Energieeffizienzverordnung und dem Herkunftsnachweis und der Strom kennzeichnung. Mit der Angleichung der Energieeffizienzverordnung an die neuen Vorschriften der EU schafft die Schweiz die vom HEV Schweiz geforder te EU-Kompatibilität und kommt weg von einer teuren Insellösung Schweiz. Die Änderung der Verordnung des UVEK über den Herkunftsnachweis und die Stromkennzeichnung (HKSV) schafft für alle Strombezüger und Strombezügerin nen eine begrüssenswerte Transparenz.

Verordnungsentwürfe zu Verboten und Verwendungsbeschränkungen sowie zur Kontingentierung im Bereich Gas Das Departement für Wirtschaft, Bil dung und Forschung WBF eröffnete am 31. August 2022 die Konsultation für mi tinteressierte Kreise. Inhalt dieser Vorla ge sind die Verordnungsentwürfe zu den Bewirtschaftungsmassnahmen Verbo te und Verwendungsbeschränkungen sowie zur Kontingentierung. Als Grün dungsmitglied der Energiespar-Alliance des Bundes unterstützt der HEV Schweiz die Bemühungen für die Versorgungssi cherheit im Winter in Bezug auf die effi ziente und sparsame Nutzung von Ener gie. Gleichwohl ist es uns ein zentrales Anliegen, dass weder Bevölkerung noch

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Weitere politische Sachthemen

von weniger als 20 Grad Celsius lehnt der HEV Schweiz aus diversen Gründen ab. Es kann nicht sein, dass maximale Raumtemperaturen je nach Energieträ ger unterschiedlich angesetzt werden.

mit Wirtschaft, Kantonen und anderen betroffenen Kreisen weiterentwickelt. Im Falle einer schweren Strommangel lage würden die Massnahmen an die Schwere der Mangellage und die aktu elle Situation angepasst und die Ver ordnungen erst dann in Kraft gesetzt werden. Von den fünf Verordnungsent würfen hat einzig die Verordnung über Beschränkungen und Verbote der Ver wendung elektrischer Energie spezifi sche Berührungspunkte für Immobilie neigentümer. Zentral sind vor allem die Beschränkungen und Verbote für eine Vielzahl elektrischer Geräte im Haus halt sowie die Vorgaben der maximal zulässigen Raumtemperatur von 18°C für durch elektrische Energie (Elektro heizungen, Wärmepumpen) geheiz te Räume. Der HEV Schweiz kann die Massnahmen grundsätzlich mittragen. Einige der Verbote sind allerdings nicht praxistauglich in der Durchführung und Kontrolle und gehören nicht in die Ver ordnung, sondern in einen Aufruf an die Bevölkerung Eine Maximaltemperatur

Wirtschaft einseitig und übermässig von entsprechenden Massnahmen betrof fen sind. Eine Maximaltemperatur von 19 Grad Celsius für durch Gas geheiz te Innenräume sieht der HEV Schweiz kurzfristig als zumutbar. Die bestehende Rechtsunsicherheit für die mietrecht liche Zulässigkeit einer «dauerhaften» Raumtemperatur in Wohnräumen von weniger als 20 Grad Celsius (bei Nor malbauten) würde damit aber verstärkt. Der HEV Schweiz unterstützt in diesem Sinne prinzipiell die Entwürfe der Ver ordnung über die Kontingentierung des Gasbezugs und der Verordnung über Verbote und Beschränkungen der Ver wendung von Gas.

Massnahmen im Fall einer Strommangellage

Die Grundprinzipien der Bewirtschaf tungsmassnahmen im Falle einer Strom mangellage sind bereits seit längerem bekannt. Die Massnahmen wurden die ses Jahr konkretisiert und gemeinsam

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Weitere politische Sachthemen

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Weitere politische Sachthemen

„ Bauland wird immer teurer und immer knapper – keine idealen Voraussetzungen für eine rege Bautätigkeit. Demgegenüber steht eine konstant hohe Nachfrage . “

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WEITERE POLITISCHE SACHTHEMEN Ausgewählte Vorstösse auf Bundesebene

Einschränkung der Möglich keit zur Überwälzung der Kosten bei umfassenden Überholungen von Mietbauten abgewehrt Der Initiant NR Michael Töngi for derte die Anpassung der gesetzlichen Grundlagen, so dass Kosten bei um fassenden Überholungen gemäss Art. 14 VMWG (Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäfts räumen) in der Regel zu 35%–50 % als wertvermehrende Investition gelten. Kosten von umfassenden Sanierungen einer Mietliegenschaft gelten heute die in der Regel zu 50%–70 % als wert vermehrend. Der Vizepräsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes verlangt eine Ände rung des Mietrechts, um die Möglich

sind Vermieter auf die Pauschale ange wiesen. Zweck der Pauschale war und ist es, Motivation und Anreiz für Ver mieter zu sein, Investitionen und Sanie rungen zu veranlassen anstelle von klei nen Pinselrenovationen. Eine Senkung des Überwälzungssatzes hätte äusserst negative Folgen auf die Sanierungsquo te des Gebäudeparks Schweiz. Der HEV Schweiz freut sich, dass der Nationalrat dieser Argumentation gefolgt ist und der Parlamentarischen Initiative Töngi keine Folge gegeben hat.

keit zur Überwälzung der Kosten bei umfassenden Überholungen von Miet bauten einzuschränken, indem diese Pauschalregel auf 35%–55 % reduziert wird. Der HEV Schweiz bekämpfte die Parlamentarische Initiative Töngi aus mehreren Gründen. Zum einen stütz te der Initiant seine Forderung auf die Studie „Wertvermehrende und werter haltende Investitionen bei umfassen den Sanierungen“ von der Hochschule Luzern, beauftragt vom Bundesamt für Wohnungswesen. Diese Studie geht von der Illusion aus, eine umfassende Sa nierung könne immer wissenschaftlich genau in einzelne Massnahmen zerlegt werden, bei welchen sich der wertver mehrende Anteil berechnen liesse. Bei umfassenden Sanierungen ist die ma thematisch genaue Aufsplittung der Massnahmen nicht möglich. Dies sagt auch das Bundesgericht. Zum anderen

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Weitere politische Sachthemen

Zweite Etappe der Roadmap Elektromobilität bis 2025 Am 16. Mai 2022 hat der HEV Schweiz zusammen mit 58 anderen Organisa tionen die Roadmap Elektromobilität 2025 mit 75 Massnahmen zur Errei chung der neuen Ziele unterzeichnet. Die drei konkreten Ziele bis 2025 sind: 50% Anteil Steckerfahrzeuge an den Neuzulassungen (Q1 2022: 25,5%), 20‘000 allgemein zugängliche Ladesta tionen (Anfang 2022: 7'150) und nut zerfreundliches und netzdienliches Laden - zu Hause, am Arbeitsort und unterwegs. Dank der Intervention des HEV Schweiz wurde ein breiterer Fokus bei letztgenanntem Ziel formuliert, statt nur «Laden zu Hause». Im Rahmen ei ner Untergruppe werden zwei Leitfa den, Ladeinfrastruktur in Mietobjekten und Ladeinfrastruktur im Stockwerkei gentum/Miteigentum mit den wichtigs ten Stakeholdern, darunter dem HEV Schweiz, ausgearbeitet. Dabei bringt der HEV Schweiz sich konstruktiv-kri tisch ein. Er unterstützt die zweite Etap pe Roadmap Elektromobilität, da sie auf

freiwilligen Massnahmen beruht. Für den HEV Schweiz ist Freiwilligkeit der einzig gangbare Weg. Freiwillige Mass nahmen, unterstützende Programme und beratende Angebote schaffen mehr Akzeptanz und lösen mehr Innovation aus als starre Vorgaben. Einen Zwang, ein «Recht auf Laden», wie dies ver schiedene Vorstösse auf nationaler und kantonaler Stufe fordern, lehnt der HEV

Schweiz strikt ab. Dies wäre ein Ein griff in die Eigentumsgarantie. Massive Kosten und Schwierigkeiten in der Um setzung in der Praxis zu Lasten der Im mobilieneigentümer wären die Folgen. Streitigkeiten und Gerichtsfälle wären vorprogrammiert. Ängste und Vorbe halte können nicht mittels Vorschriften abgebaut werden.

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Rechtsprechung

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Rechtsprechung

„ Es ist wichtig , dass der Zugang zu Wohneigentum wieder für eine breite Schicht der Bevölkerung ermöglicht wird. “

.“

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Rechtsprechung

RECHTSPRECHUNG Ausgewählte Bundesgerichtsentscheide

abstellen, selbst wenn diese für die Beur teilung der Orts- und Quartierüblichkeit (Art. 11 Abs. 4 VMWG) nicht ausreichend differenziert sind. Das Waadtländer Ge richt durfte gemäss Bundesgericht diese Zahlen beiziehen, den Merkmalen der Wohnung Rechnung tragen, den Miet zins des Vormieters berücksichtigen und diese Positionen aufgrund seiner Kennt nisse des lokalen Mietmarktes gewichten Nachweis und Beweislast der Zustellung des Anfangsmiet zinsformulars bei Abschluss des Mietvertrags Urteil des Bundesgerichts 4A_302/2021 vom 28. Januar 2022 Am 23. August 2011 schlossen die Partei en einen Mietvertrag über eine Fünfzim merwohnung in Montreux mit einem Mietzins von monatlich 4100 Franken. Im Mietvertrag wurde das amtliche Formular nicht als Beilage erwähnt. Im November 2015 klagte die Mieterschaft auf Feststellung der Nichtigkeit des Anfangsmietzinses sowie richterliche Festsetzung des Anfangsmietzinses und Rückerstattung der zu viel bezahlten Zinsen. Die Mieter stellten sich auf den Standpunkt, dass ihnen nie ein amtli ches Formular zur Mitteilung des An fangsmietzinses zugegangen sei und sie erst im Zusammenhang mit einer Zah lungsaufforderung der Vermieterin aus dem Jahre 2015 erfahren hätten, dass der Anfangsmietzins ohne Abgabe des amtlichen Formulars nichtig sei. Strit tig vor Bundesgericht waren die Fragen nach der Aushändigung des amtlichen Formulars zur Mitteilung des Mietzinses bei Abschluss eines neuen Mietvertrages an die Mieter und ob die Forderung auf richterliche Festsetzung des Anfangs mietzinses und Rückerstattung der Miet zinse nicht bereits verjährt waren (Die

Bundesgericht präzisiert die Festlegung des Anfangsmiet zinses bei Altbauten Urteil des Bundesgerichts 4A_554/2021 vom 2. Mai 2022 Bei dem vom Bundesgericht zu beurtei lenden Streit ging es um die Höhe des Anfangsmietzinses für eine Vierzim merwohnung einer Altliegenschaft in Montreux. Die Wohnung war im Jahre 2017 für 2280 Franken im Monat vermie tet worden. Der Vormieter hatte für die Wohnung 1562 Franken monatlich be zahlt. Die neuen Mieter fochten den ver traglich vereinbarten neuen Mietzins als missbräuchlich an und verlangten eine Herabsetzung auf 1467 Franken. Sie ge langten an das Mietgericht des Kantons Waadt, das den monatlichen Mietzins auf den vom Vormieter bezahlten Betrag von 1562 Franken reduzierte. Der Vermieter focht den Entscheid des Mietgerichtes an und bekam vor Kantonsgericht Recht. Das Mietgericht setzte den Mietzins im zweiten Anlauf auf den Betrag von 1800 pro Monat fest, was vom Waadt

länder Kantonsgericht bestätigt wurde. Der Mieter zog das Urteil weiter bis ans Bundesgericht, das die Beschwerde des Mieters allerdings abwies. Die Richter in Lausanne riefen in Erinnerung, dass der Mietzins für eine Altbau-Wohnung ver mutungsweise missbräuchlich ist, sofern eine massive Erhöhung (d.h. über 10%) des Mietzinses gegenüber dem vom Vor mieter bezahlten Mietzins besteht und diese Erhöhung nicht durch Erhöhung des Referenzzinssatzes für Hypotheken oder Erhöhung des Landesindexes für Konsumentenpreise begründet ist. Ge lingt es dem Vermieter nicht begründete Zweifel an dieser Vermutung zu wecken, muss der Richter den Anfangsmietzins auf das zulässige Mass reduzieren. Wäh rend das Bundesgericht es bisher als zu lässig erachtete, bei fehlenden Beweisen der Parteien auf den Mietzins des Vor mieters abzustellen, präzisierte es nun, dass dies nur dann gelten soll, wenn keine anderen Beweismittel vorliegen. Bestehen andere Grundlagen wie zum Beispiel kantonale oder kommunale Statistiken, darf ein Gericht bei der Fest legung des Anfangsmietzinses darauf

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