Jahresbericht-2020

JAHRESBERICHT 2020

Rechtsprechung

RECHTSPRECHUNG Bundesgerichtsentscheide

Das Bundesgericht zitierte ausführlich die Erwägungen des Kantonsgerichtes, welches festgehalten habe, es sei un- umstritten, dass die Grundstücke der Parteien nicht direkt aneinandergrenz- ten, sondern dass der öffentliche Fl- uhgutweg, der eine separate Parzelle bilde und im Eigentum der Gemeinde stehe, die Grundstücke der Parteien begrenze. Ebenfalls unumstritten sei, dass die drei Bäume den kantonalen Grenzabstand, gemessen bis zur Liegen- schaft der Beschwerdegegner – unter Einbezug des dazwischenliegenden Fluhgutwegs – nicht einhielten. Das Kreisgericht habe sich zu Recht auf die räumliche Betroffenheit der Beschwer- degegner berufen und daher ihre Aktiv- legitimation als «Nachbarn» bejaht. Die Argumentation der Beschwerdefüh- rer, wonach lediglich der unmittelbare Anstösser als «Nachbar» gelte, der An- sprüche aus Nachbarrecht geltend ma- chen könne, sei nicht nachvollziehbar. Die kantonalen Abstandsvorschriften dienten, so das Kantonsgericht weiter, dem Schutz der Nachbarn vor Immissio- nen. Es gehe dabei nicht nur um gewisse positive Immissionenwie Laubfall, über- ragende Äste oder hinüberwachsende Wurzeln, sondern ebenso um Schat- tenwurf, Entzug von Licht und Aussicht und erhöhte Feuchtigkeit. Die negativen Immissionen blieben nicht aus und ent- sprechend werde der generell-abstrakte Schutz nicht obsolet, nur weil zwischen dem Grundstück noch ein schmaler Streifen Land in Dritteigentum liege. Das Bundesgericht schloss sich vollum- fänglich der Auffassung der Vorinstanz an. Es liege geradezu auf der Hand, dass auch Konstellationen, in denen der Mindestabstand auch zu nicht unmit-

Streit um Pflanzen: Welcher Nachbar ist aktivlegitimiert? In einem Entscheid vom 20. Mai 2020 (5A_968/2019) hatte sich das Bundesge- richt mit folgendem nachbarrechtlichen Sachverhalt zu befassen. Westlich einer von zwei Miteigentümern (A. und B.) bewohnten Liegenschaft verläuft ein öf- fentlicher ca. 1,6 Meter breiter Fluhgut- weg. Daran anschliessend folgt eine Lie- genschaft, welche im Miteigentum von C. und D. steht. Auf der östlichen und südlichen Seite letztgenannter Liegen- schaft befindet sich eine Thuja-Hecke; in der Südostecke steht eine Scheinzyp- resse (Höhe: 11,2 m). Auf besagter Lie- genschaft wachsen zudem eine Roteiche (Höhe: 10 m) und eine dornenlose Gle- ditschie (Höhe: 14,75 m), welche einen Abstand von 4,9 bzw. 4,1 m zur Grenze der Parzelle von A. und B. aufweisen. Am 20. August 2015 erhoben A. und B. beim Kreisgericht See-Gaster Klage ge- gen C. und D. Sie verlangten, es sei die Thuja-Hecke bis auf eine Höhe von 1,2 Metern zu schneiden bzw. in diesem

Bereich auf einer Höhe von 1,2 Metern unter Schnitt zu halten. Sodann seien die drei vorerwähnten Bäume zu fällen. Das Kreisgericht entsprach der Klage und verpflichtete C. und D. zudem, die Thu- ja-Hecke auf eine Höhe von 3 Metern zu schneiden. Dagegen legten C. undD. Be- rufung und A. und B. Anschlussberufung beim Kantonsgericht St. Gallen ein. A. und B. verlangten, dass die Thuja-Hecke auf eine Höhe von 1,2 Metern zu schnei- den sei. Mit Entscheid vom 23. Oktober 2019 wies das Kantonsgericht Berufung und Anschlussberufung ab. Mit Beschwerde vom 28. November 2019 gelangten C. und D. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht und beantragten die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids. Die Beschwerdegegner A. und B. seien nicht aktivlegitimiert, um die Beseitigung der drei Bäume und den Rückschnitt der Hecke zu verlangen, da diese infolge des zwischen ihren Grund- stücken verlaufenden öffentlichen Fluh- gutwegs nicht direkte Nachbarn der Be- schwerdeführer seien. Insoweit habe das Kantonsgericht Bundesrecht verletzt.

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