HEV Jahresbericht 2019

JAHRESBERICHT 2019

Rechtsprechung

Rechtsprechung

RECHTSPRECHUNG Ausgewählte Bundesgerichtsentscheide

Verbot der kurzzeitigen Vermietung von Eigen- tumswohnungen: Im kon- kreten Einzelfall zulässig Das Bundesgericht hatte in einem Ent- scheid vom 4. April 2019 (5A_436/2018) zu beurteilen, ob die Stockwerkeigentü- mergemeinschaft die kurzzeitige Vermie- tung auf Internetplattformen (z.B. Airbnb) rechtswirksam im Reglement untersagen kann. Dem Entscheid lag folgender Sach- verhalt zugrunde. Die betreffende Liegenschaft im Kanton Nidwalden ist in 27 Stockwerkeinheiten aufgeteilt. Die Zweckbestimmung einer Stockwerkeinheit istmit «Bootsservice-Sta- tion im Erdgeschoss» umschrieben, die anderen 26 Einheiten sind als «Wohnung» bezeichnet. Der Begründungsakt hält zur Benützungsart fest: «Jeder Stockwerkei- gentümer ist an die Zweckbestimmung gebunden. Ausgeschlossen ist gemäss Reg- lement u.a. die Benutzung der Anteile als Arztpraxis, Labor, Pension, handwerkli- ches Atelier, sowie für Musikunterricht und alle Betätigungen, die einen regen Kundenverkehr mit sich bringen.» An der ausserordentlichen Stockwerkeigentümer- versammlung vom 22. Juni 2015 wurde mit reglementskonformer Mehrheit beschlos- sen, das Reglement wie folgt zu ergänzen: «Nicht gestattet ist zudem die unregelmäs- sige, tage-, wochen- oder monatsweise Vermietung. Gestattet ist nur eine dauer- hafte Vermietung.» Wie sich aus dem Pro- tokoll der Versammlung ergab, schrieb die Tochter eines Eigentümers dessen Woh- nung regelmässig im Internet (namentlich auf Airbnb) aus und entsprechend waren in der Liegenschaft fremde Leute anzu- treffen, welche auch die gemeinschaftliche Infrastruktur wie Schwimmbad, Sauna, Fit- nessraum, Dachterrasse und Waschküche mitbenutzten. Mit Entscheid vom 12. Dezember 2017 wies das Obergericht Nidwalden die vom Eigentümer der fraglichen Wohnung auf Aufhebung des Beschlusses gerichtete Klage ab. Das Obergericht ging in Bezug

auf die Nutzung von einer erwerbsmässi- gen Beherbergung durch die Tochter aus, welche der Parahotellerie zuzurechnen sei. Zwar biete sie keine Verköstigung an, wie dies in einem Hotel üblich wäre, wohl aber branchenübliche Leistungen wie Rei- nigung und Wechsel der Bettwäsche. Die Liegenschaft diene angesichts der Seesicht und der Infrastruktur dem gehobenen Wohnen und die Stockwerkeigentümer hätten entsprechend hohe Ansprüche. Es dürfe als erstellt gelten, dass sie sich von den beherbergten Gästen und deren Verhalten gestört fühlten, namentlich in den sensiblen und der Privatsphäre zuzu- rechnenden gemeinsamen Bereichen wie Schwimmbad und Sauna. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Zweckbestimmung der Liegenschaft und die Regelung der Benutzungsart den Stockwerkeigentümern obliege. Bei der reglementarischen Umschreibung seien die üblichen Schranken von Art. 2 und 27 ZGB sowie Art. 19 f. OR sowie diejenigen zu beachten, welche sich aus der Insti- tution des Stockwerkeigentums ergäben. Was die umstrittene Charakterisierung dieser spezifischen Nutzung anbelange, so handele es sich nicht um ein gewöhn- liches Mietverhältnis, sondern vielmehr um eine parahotelleristische Beherber- gung. Nach Auffassung des Bundesgerichts kommt es entscheidend auf die konkrete Liegenschaft und damit spezifisch auf die Umstände des Einzelfalles an. Vorliegend gehe es um gehobenes Wohnen mit ent- sprechender Infrastruktur, wobei diese eher einem privaten Bereich zuzuordnen sei (Schwimmbad und Sauna, tendenziell auch Fitnessraum). Diese Einrichtungen seien zwar allen Hausbewohnern zugäng- lich und somit nicht der Privatsphäre im eigentlichen Sinn zuzuordnen, aber sie seien von der Natur her nicht für Dritte bestimmt, über welche der veranlassende Stockwerkeigentümer - im Unterschied zu persönlichen Gästen oder zu Dauermie- tern - letztlich keine Kontrolle habe. Zu- dem handle es sich bei der Liegenschaft nicht um eine Ferienliegenschaft, sondern um eine (Erst-) Wohnresidenz. Bei einer

zu verhindern und dadurch das Inkas- sorisiko des Vermieters zu verringern. Nebenkosten seien dadurch gekenn- zeichnet, dass der Gesamtbetrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbe- kannt sei und von einer Abrechnungs- periode zur anderen variiere. Dabei spiele auch das Verbraucherverhalten eine Rolle. Obschon mancher Mieter bei Abschluss eines Mietvertrages ver- muten möge, die Akontozahlungen würden zur Tilgung der aus den Neben- kosten zu erwartenden Schuld ausrei- chen, sei diese Erwartung im Hinblick auf die erkennbaren Unsicherheiten ohne besondere Zusicherung seitens des Vermieters nicht berechtigt und könne nicht bewirken, dass der Mieter den übersteigenden Betrag nicht oder nicht in vollem Umfang zu tragen hätte. Falls die Beschränkung der Nebenkos- ten auf einen bestimmten Betrag für ei- nen Mietinteressenten eine notwendige Bedingung für den Abschluss des Miet- vertrages darstelle, sei ihm zuzumuten, sich diesbezüglich zu vergewissern. Der Vermieter sei umso weniger von sich aus zur entsprechenden Aufklärung verpflichtet, je höher der Nettomietzins sei und je geringer sich im Verhältnis dazu die zu erwartende Nachzahlung ausnehme. Da es den Parteien freistehe, ob sie für die vom Mieter zu überneh- menden Nebenkosten Akontozahlun- gen vereinbaren wollten, müsse es auch zulässig sein, vom Mieter nur eine tief bemessene Akontozahlung zu verlan- gen. Weiter hielt das Bundesgericht fest, die analoge Anwendung der werkver- traglichen Regelung von Art. 375 Abs. 1 OR falle ausser Betracht, da die Höhe der Akontozahlungen nicht generell die Zusicherung eines ungefähren Kosten- ansatzes darstelle. Art. 373 Abs. 1 OR sei ebenso wenig anwendbar, könne doch im Hinblick auf die getroffene Abrech- nungsabrede keine Rede davon sein, die Parteien hätten die Vergütung zum Voraus genau bestimmt.

auch nicht als Vermögensertrag qualifi- zieren werden können. Sie fallen daher unter die Einkommensgeneralklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG und unterlie- gen damit der Einkommenssteuer aus Nebenerwerb. Nur wenn die Anlage gewerbsmässig zur Stromerzeugung eingesetzt wird, unterliegt sie der Ein- kommenssteuer aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Das dürfte jedoch nur auf die wenigsten privaten Anlagen zutreffen. (Urteile 2C_510/2017 und 2C_511/2017 des Bundesgerichts vom 16. September 2019) vollumfänglich begleichen Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 29. Januar 2019 (4A_339/2018) sei- ne bisherige Rechtsprechung bestätigt. Demnach sind Mieter auch dann an eine Nebenkostenvereinbarung gebun- den, wenn die vereinbarten Akonto- zahlungen die tatsächlich anfallenden Nebenkosten erheblich unterschreiten. In welchem Verhältnis die tatsächlich vereinbarten zu den tatsächlich anfal- lenden Nebenkosten stehen müssten, sei weder in einer zwingenden noch dispositiven Vorschrift des Mietrechts geregelt. Es gelte in dieser Hinsicht die Vertragsfreiheit. Der Begriff «Akonto- zahlung» deute darauf hin, dass es sich bei den unter diesem Titel erbrachten monatlichen Leistungen bloss um vor- läufige Zahlungen handle, die gemäss korrekt zu erfolgender Abrechnung an die jährlich aufgelaufenen und vom Mieter vertragsgemäss geschuldeten Nebenkosten anzurechnen seien. Ab- reden über Akontozahlungen der Ne- benkosten würden vornehmlich dazu dienen, hohe Zahlungen des Mieters Nebenkosten: Mieter müssen Nachzahlungen

der Eigenmietwert als auch die Lie- genschaftssteuern nicht erhöht werden dürfen, sofern sie aufgrund des amt- lichen Wertes berechnet werden. Die Steuerverwaltung des Kantons Bern war mit diesem Entscheid nicht einverstan- den und gelangte an das Bundesgericht. Das Bundesgericht folgte hingegen dem kantonalen Urteil, was auch auf die Pra- xis in anderen Kantonen Auswirkungen haben wird. Es hielt fest, dass der Bun- desgesetzgeber mittels ausdrücklicher Anordnung bestimmte Aufwendungen, wie vorliegende Energiesparmassnah- me, zu abziehbaren Liegenschafts- kosten erklären kann, auch wenn sie keine unmittelbare Beziehung zum Liegenschaftenertrag haben. Daraus kann jedoch nicht automatisch gefol- gert werden, dass sich abziehbare Lie- genschaftskosten zwingend in höheren Vermögenssteuerwerten oder höheren Liegenschaftenerträgen niederschlagen müssen. Im vorliegenden Fall fehlte es an der Rechtsgrundlage, so dass die Entschä- digungen für die Lieferung von Strom

Photovoltaikanlagen erhöhen den amtlichen Wert der Liegenschaft nicht Im September 2019 fällte das Bundes- gericht zwei Urteile im Zusammenhang mit der Besteuerung von Photovoltaik- anlagen, die Wohneigentümer direkt betreffen. In den beiden konkreten Fällen ging es um die Handhabung im Kanton Bern, wo die Steuerverwaltung Solaranlagen auf Dächern bislang als Bestandteil der Liegenschaft angesehen und folglich als unbewegliches Vermögen besteuert hat. So erhöhten sich jeweils die amtli- chen Werte der Liegenschaften und die entsprechenden Eigenmietwerte. Das Berner Verwaltungsgericht sah das anders und entschied, dass eine Photo- voltaikanlage grundsätzlich als beweg- licher Gegenstand anzusehen ist und nicht als Bestandteil des Gebäudes. Die Installation einer solchen Anlage darf folglich keine Erhöhung der amtlichen Werte mit sich bringen. Als Konsequenz daraus ist auch abzuleiten, dass sowohl

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