HEV Jahresbericht_2021

Rechtsprechung

45 Sekunden übertragen. Einmal jährlich werden die Daten von einemAutomittels eines passwortgeschützten Auslesegerä tes empfangen und für die Rechnungs stellung verwendet. Der Hauseigentümer verlangte darauf von der Gemeinde den Einbau eines konventionellen Wasser zählers, was die Gemeinde ablehnte. Der Gemeinderat wies seine Einsprache ab. Das Departement Volkswirtschaft und Inneres und das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wiesen seine Beschwer de ab. Er gelangte vor Bundesgericht. In seiner Beschwerde rügte er die Ver letzung seiner verfassungsrechtlich ge schützten Privatsphäre. In diesem Zu sammenhang führte das Bundesgericht aus, dass im Bereich des Datenschutzes das verfassungsmässige Recht auf infor mationelle Selbstbestimmung garan tiert, dass grundsätzlich ohne Rücksicht darauf, wie sensibel die Informationen tatsächlich sind, jede Person gegenüber fremder, staatlicher oder privater Bear beitung von sie betreffenden Informati onen bestimmen können muss, ob und zu welchem Zweck diese Informationen über sie bearbeitet werden (BGE 144 I 126). Bei den Daten betreffend Wasser verbrauch handelt es sich gemäss Bun desgericht um personenbezogene Daten. Die Bearbeitung dieser Daten (Aufzeich nung, Speicherung etc.) stellt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbe stimmung dar. Die Beschränkung eines Grundrechts bedarf einer gesetzlichen Grundlage, eines öffentlichen Interesses und der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Das Bundesgericht sah imWasserbaureglement der Gemein de für die Erhebung des für die Rech nungsstellung relevanten Zeitpunkts eine genügende gesetzliche Grundlage, nicht jedoch für die Speicherung der Stunden werte über 252 Tage und die Funküber tragung alle 30 bis 45 Sekunden. Auch das öffentliche Interesse ist gemäss Bundes gericht nur teilweise gegeben. Zwar liege ein Effizienzgewinn vor, aber für die Spei cherung der Stundenwerte im erwähn

ten Umfang sei von der Gemeinde nicht einmal ein öffentliches Interesse geltend gemacht worden. Zudem verneinte das Bundesgericht die Erforderlichkeit bei der langfristen Speicherung und der per manenten Datenübertragung via Funk. DieseDatenwürden bearbeitet, ohne jeg lichen Zweck, zumal die Gemeinde diese Daten nicht beabsichtigt zu verwenden. Somit unterscheide sich die vorliegende Datenbearbeitung von anderen ähnli

nem neuen Entscheid an die Gemeinde zurück. Sie hat nun zu prüfen, ob mit tels einer Umrüstung der Funkzähler die Verhältnismässigkeit des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestim munggewahrtwerdenkann.Dieseshöch strichterliche Urteil hat nicht nur für die Messung mit Funkwasserzähler Folgen, sondern für alle Bereiche, wo eine ähnli cheMesstechnik zur Anwendung gelangt.

„ Die Beschränkung eines Grundrechts bedarf einer gesetzlichen Grundlage , eines öffentlichen Interesses und der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. “

Urteil des Bundesgerichts vom 1. Juli 2021, 9C_293/2020 Im vorliegenden Urteil befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob eine Pflicht besteht, das zum Kauf ei ner selbstgenutzten Liegenschaft be zogene Pensionskassen-Guthaben zurückzuzahlen ist, wenn die Liegen schaft später vermietet wird. Wer eine Pensionskasse einzahlt, hat das Recht, einen Vorbezug des Gutha bens für den Erwerb von Wohneigen tum für den Eigenbedarf zu tätigen. Ein Vorbezug ist aber nur möglich, wenn es sich um eine Liegenschaft handelt, die von der versicherten Person selber zu Wohnzwecken und an ihrem Wohnsitz genutzt wird. Während die versicherte Person das Recht hat, den erhaltenen Betrag unter gewissen Voraussetzun gen zurückzuzahlen, kann sie aber auch zu einer Rückzahlung verpflichtet werden, nämlich insbesondere bei ei ner Veräusserung des selbstgenutzten Wohneigentums oder der Einräumung von Rechten an dieser Liegenschaft, die wirtschaftlich einer Veräusserung gleichkommen (z.B. Nutzniessung oder ein ausschliessliches Wohnrecht).

chen Fällen, z.B. die Aufbewahrung von Aufzeichnungen der Überwachung von öffentlichen Plätzen. Diese würden für eine allfällige strafrechtliche Ermittlung erhoben und bearbeitet. Nichts daran än dere die Datensicherheit. Diese vermöge den Umstand nicht aufzuwiegen, dass vorliegen mehr Personendaten erhoben werden als nötig. Immer dann, wenn die datenbearbeitende Behörde nachweist, dass genügend Schutzvorkehrungen ge troffen worden sind, käme dem Grund satz der Erforderlichkeit keine Bedeutung mehr zu. Der Zweck dieses Grundsatzes sei gemäss Bundesgericht, dass nicht notwendige Daten erst gar nicht erho ben und bearbeitet würden. In diesem Sinne sei ihr Schutz besser gewährleistet: nicht existenteDaten könnten nicht miss braucht werden. Somit ist die Datenbear beitung im Rahmen der Speicherung der Stundendaten während 252 Tagen und das Aussenden alle 30 bis 45 Sekunden nicht verhältnismässig. Diesbezüglich liegt ein ungerechtfertigter Eingriff in das verfassungsmässige Recht auf informati onelle Selbstbestimmung vor. Das Bundesgericht hob das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Sache zu ei

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