HEV Jahresbericht 2024
JAHRESBERICHT 20 24 Weitere politische Sachthemen
Ablehnung der Amerikanisierung im Zivilprozessrecht
Persönlichkeitsverletzungen) ausgebaut, sondern gleichzeitig auch eine neue Verbandsklage eingeführt werden soll, um Er satzansprüche (Schadenersatz, Gewinnherausgabe, Genug tuungsansprüche) geltend machen zu können. Die Verbands klagen sollen dabei sogar in einem elektronischen Verzeichnis publiziert werden – datenschutzrechtlich höchst heikel. Diese Art von «Massenprozessen» stammt grundsätzlich aus dem angelsächsischen Raum, kommt einem Schritt Rich tung «Amerikanisierung» des Rechts gleich und stellt einen Fremdkörper im Schweizer Zivilprozessrechtssystem dar. Bereits heute kennt die Zivilprozessordnung mehrere Instru mente, die geeignet sind, ähnlich gelagerte «Massenprozes se» im Rahmen der Schweizer Prozesstradition abzuhandeln (Verfahrenszusammenlegungen durch das Gericht; Pilot- bzw. Musterprozesse; Streitverkündungen; Widerklagen). Die be stehenden Möglichkeiten der Zivilprozessordnung sind aus reichend geeignet, Ansprüche gegen Rechtsverletzungen durchzusetzen und dabei den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Fälle Rechnung zu tragen. Die Einführung solcher kollektiven Vergleiche und die erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der Ver bandsklagen sowie die Neueinführung der Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen würden zu administ rativem Mehraufwand und datenschutzrechtlichen Herausfor derungen hinsichtlich der Publikation führen. Zudem besteht die Gefahr, dass Parteien auf Druck solcher «Massenprozesse» – ungeachtet der Anspruchsgrundlage – zu «Freikäufen» ge drängt würden, um langwierige und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden. Die Vorlage wartet nun auf die Beratung im Nationalrat.
Die Vorlage des Bundesrates zum kollektiven Rechtsschutz (Geschäftsnummer 21.082) sieht im Kern einen Ausbau der bestehenden Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatz ansprüchen vor und bietet im neuen Verbandsklageverfahren die Möglichkeit für kollektive Vergleiche. Die Rechtskommissi on des Nationalrates hat sich in den vergangenen zwei Jahren an insgesamt fünf Sitzungen ausführlich mit dieser Vorlage zur Einführung von Instrumenten des kollektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess befasst und dabei diverse Zusatzabklärungen veranlasst. Im Oktober 2024 entschied die vorberatende Kom mission (RK-N) nun, dem Nationalrat das Nichteintreten auf die Vorlage zu empfehlen. « Die bestehenden Möglichkeiten der Zivilprozessordnung sind ausreichend geeignet, Ansprüche gegen Rechtsverletzungen durchzu setzen und dabei den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Fälle Rechnung zu tragen. » Der HEV Schweiz sprach sich von Anfang an klar gegen die Vorlage aus, mit der nicht nur die bestehende Möglichkeit einer Verbandsklage (nach aktuellem Recht beschränkt auf
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