Der Mietzins, Mietzins und Nebenkosten

Der Ratgeber «Der Mietzins» umfasst die Bereiche «Mietzins» und «Nebenkosten».

Mietzins und Nebenkosten 5

Vorwort Das Mietrecht ist ein äusserst komplexes Rechtsgebiet. Dies gilt ins besondere für die Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchli chen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen. Diese Bestimmungen enthalten strenge Formvorschriften. Für Vermieter stellen diese formalen Hürden eigentliche Formfallen dar, da ihre Nichtbeachtung die Mitteilungen und Handlungen wirkungslos macht, was auch erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten zum Vor schein kommen kann. Als Konsequenz davon kann der Vermieter mit hohen Rückforderungsklagen konfrontiert werden. Erschwe rend kommt in der Praxis hinzu, dass die gesetzlichen Bestimmun gen zur Mietzinsgestaltung an sich gut verständlich sind. Ihre ver meintliche Klarheit aber täuscht, weil die bundesgerichtliche Recht sprechung in die gesetzlichen Regeln der Mietzinsgestaltung, seit deren Inkraftsetzung per 1. Juli 1990 stark eingegriffen hat. Dabei wurden die Gesetzesbestimmungen nicht nur im Einzelfall ausge legt, sondern teils auch durch neue Regeln übersteuert. Ohne Kennt nis dieser Regeln der enorm reichhaltigen, komplizierten und teils widersprüchlichen Rechtsprechung lässt sich die Festlegung und Anpassung nicht im Sinne der geltenden Gerichtspraxis bewerkstel ligen. Ziel des Ratgebers ist es, dem Vermieter für die Praxis einen Leitfa den durch den Dschungel der der geltenden rechtlichen Bestimmun gen für die Mietzinsgestaltung, der strengen Formvorschriften und der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu geben. Der Ratgeber «Der Mietzins» umfasst die Bereiche «Mietzins» und «Nebenkosten». Er richtet sich an private Vermieter und Verwal tungen von Wohnungen und Geschäftsräumen sowie an weitere in der Immobilienpraxis tätige Personen, die sich mit der Mietzinsge staltung vertieft befassen möchten. Im Anhang der Broschüre sind die Formulare «Indexklausel», «Staffelungsklausel» und «Mietzinsreserve» sowie ein Auszug der Gesetzesbestimmungen des Obligationenrechts, Teil «Die Miete» und die Bestimmungen der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) zu finden, auf die im

6 HEV Schweiz

Ratgeber an der entsprechenden Stelle jeweils verwiesen wird. Er gänzende Formulare zum Mietrecht und der Verwaltung von Miet liegenschaften sind im Drucksachenverkauf des HEV Schweiz (PF, 8032 Zürich) sowie im Onlineshop «www.hev-shop.ch» erhältlich. Für die vorliegende 6. Auflage 2023 wurde der Ratgeber «Der Miet zins» von MLaw Stéphanie Bartholdi und lic.iur., Eidg. dipl. Immo bilientreuhänderin Monika Sommer vollständig überarbeitet, er gänzt und aktualisiert. Beide Autorinnen verfügen durch ihre Tätig keit beim HEV Schweiz langjährige Erfahrungen im Mietrecht. Dies gilt ebenso für lic.iur. Thomas Oberle, langjähriger Rechtsberater beim HEV Schweiz, welcher für den Teil Nebenkosten mitverant wortlich zeichnet.

Zürich, Februar 2023

Mietzins und Nebenkosten 7

Inhalt 1.

Mietzins Einleitung

13 13 18 22 22 22 28

1.1 1.2 1.3 1.4

Gesetzliche Grundlagen

Verhältnis der Missbrauchskriterien Der übersetzte Ertrag (Nettorendite) Begriff des übersetzten Ertrags

1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.4.7 1.4.8

Missbrauchsgrenze: Höhe des zulässigen Ertrags

Investierte Eigenmittel

B estimmung der Anlagekosten in besonderen Fällen: Erbschaft, Schenkung, Fusion 33

Nettoertrag

35

Berechnung des zulässigen Ertrags (Nettorendite) 44

Offensichtlich übersetzter Kaufpreis

50

A nwendungsbereich der Ertragsberechnung (Nettorendite)

51

B erufung auf die Ertragsberechnung (Nettorendite) während der Mietdauer 53 B erufung auf Ertragsberechnung (Nettorendite) als Abwehrmittel 55

1.4.8.1

1.4.8.2

Die kostendeckende Bruttorendite

57

1.5

G esetzeszweck und Begriff der «neueren Bauten» 57

1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5

A nwendungsbereich der Bruttorendite

59 63

Anlagekosten

A chtung: Prinzip der Individuellen Ertragsrechnung 65

Zulässige Bruttorendite

66 70 71 73 79 82 84

Orts- oder quartierübliche Mietzinse

1.6

Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit

1.6.1

Vergleichskriterien

1.6.1.1 1.6.1.2 1.6.1.3 1.6.1.4

Beweismittel in einem Verfahren

Beweislast

Massgeblicher Vergleichsmietzins A nwendungsbereich der Orts- und Quartierüblichkeit

1.6.2

85

Verhältnis zum Kriterium des übersetzten Ertrags 88

1.6.3

Mehrleistungen

91 92 95

1.7

Wertvermehrende Investitionen

1.7.1 1.7.2

Energetische Massnahmen als Mehrwert

8 HEV Schweiz

B erechnung von Mietzinserhöhungen infolge von Mehrleistungen

1.7.3

97

Umfassende Überholungen

104 113 113 119 125 126 127 129 133 142 146 148 152 154 156 159 164 164 165 165 165 167 174 181 186 195 196 205 205 207 212 219 228

1.7.4

Kostensteigerung

1.8

Betriebs- und Unterhaltskostensteigerungen

1.8.1 1.8.2

Hypothekarischer Referenzzinssatz

Teuerung auf dem risikotragenden Kapital

1.9

Verträge mit Mietzinsklauseln

1.10

Befristeter oder unbefristeter Mietvertrag

1.10.1 1.10.2 1.10.3 1.10.4 1.10.5 1.11.1 1.11.2 1.11.3 1.11.4 1.11.5 1.11.6 1.11

Verträge mit Optionen Indexierte Mietzinse Gestaffelte Mietzinse

Umsatzabhängiger Mietzins

Vorgehen bei Mietzinserhöhungen

Mitteilungsfrist Formularzwang

Begründungspflicht

Mietzinsvorbehalt (Mietzinsreserve)

Kündigungsverbot

H äufigkeit von Mietzinserhöhungen und Senkungen Mietzinsanfechtung durch den Mieter Anfechtung des Anfangsmietzinses

1.12

1.12.1

Definition Anfangsmietzins

1.12.1.1 1.12.1.2

V oraussetzungen zur Anfechtung des Anfangsmietzinses

Anfangsmietzinsformular

1.12.1.3 1.12.1.4 1.12.1.5

Folgen der Nichtigkeit der Mietzinsfestsetzung

P rüfung der Missbräuchlichkeit im Anfechtungsverfahren Anfechtung von Mietzinserhöhungen Herabsetzungsbegehren des Mieters

1.12.2 1.12.3

2.

Nebenkosten

Einleitung Definition

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

Nebenkostenpositionen im Einzelnen

Ausscheidung im Vertrag

Zahlungsart

Verteilung der Nebenkosten

Mietzins und Nebenkosten 9

Zeitpunkt der Nebenkostenabrechnung und Detaillierungsgrad Änderung der Nebenkostenregelung Exkurs: Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) Anrechenbare Heizungs- und Warmwasserkosten

2.7

229 231

2.8 2.9

236 239 240 241 246 247 248

2.10

Heizkostenabrechnung

2.10.1 2.10.2

Verteilung der Heizkosten auf die Mietparteien

Verbrauchsabhängige Energie- und Wasserkostenabrechnung (VEWA)

2.11

Energie-Contracting Neue Heizsysteme

2.12 2.13

3.

Anhang Mietzins

Indexklausel

251 253 254

3.1 3.2 3.3

Staffelungsklausel Mietzinsreserve

4.

Anhang Gesetzestexte Obligationenrecht (OR)

255

4.1 4.2

Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG)

277

Mietzins und Nebenkosten 13

Mietzins

1.

1.1 Einleitung Es ist von grosser Wichtigkeit, dass die Mietzinse von Anfang an richtig festgelegt werden (sei es durch Kalkulation der Rendite, sei es aufgrund der orts- und quartierüblichen Mietzinsen), da Miet zinse, die auf falschen Grundlagen beruhen, während der Mietdau er nur in Ausnahmefällen – wenn überhaupt – korrigiert werden können. Die Mietzinsfestlegung kann nach verschiedenen im Gesetz umschriebener Kriterien erfolgen, auf die im Folgenden näher ein zugehen ist. Während bei der Festlegung des Anfangsmietzinses in der Regel auf die so genannte absolute Methode (Bruttorendite, Nettorendite, Orts- und Quartierüblichkeit) abgestellt wird, erfol gen Mietzinsanpassungen im laufenden unbefristeten Mietverhält nis in der Regel gestützt auf die so genannte relative Methode (Mehrleistungen des Vermieters; Kostensteigerungen). Bei befriste ten Mietverhältnissen kommen häufig vom Gesetz vorgesehene spe zielle Mietzinsanpassungsklauseln (Indexierung, Staffelung) zur Anwendung. 1.2 Gesetzliche Grundlagen Der Mietzins ist das Entgelt, dass der Mieter dem Vermieter für die Überlassung von Wohn- und Geschäftsräumen schuldet 1 . Der Miet zins wird gewöhnlich in Geld entrichtet. Nebenkosten schuldet der Mieter nur, sofern sie ausdrücklich vertraglich ausgeschieden wur den. Ansonsten gelten die als Nebenkosten verrechenbaren Kosten als im Mietzins inbegriffen 2 . Der Zweck der gesetzlichen Mietzinsregelungen 3 ist der Schutz der Mieter vor missbräuchlichen Mietzinsen. Die gesetzlichen Bestimmungen entziehen die Mietzinsfestlegung je doch nicht von vornherein der freien Vereinbarung durch die Par teien. Es findet keine «Fremdbestimmung» des Mietpreises, etwa durch staatliche Behörden, mittels abstrakter Katasterwerte, Statis tiken etc., statt. Ebenso wenig sind die Mietzinse generell bewilli gungspflichtig. Der von den Parteien vertraglich vereinbarte Miet

1 Art. 257 OR 2 Art. 257a Abs. 2 OR; vgl. dazu Kapitel 2 Nebenkosten 3 Art. 269 ff. OR

14 HEV Schweiz

zins ist grundsätzlich für beide Partner verbindlich. Der Mieter er hält allerdings unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit, den von ihm vertraglich zwar akzeptierten Anfangs mietzins anzufechten und auf seine Missbräuchlichkeit hin überprü fen zu lassen 4 . Die Kriterien für die Prüfung der Missbräuchlichkeit von Mietzinsen sind in den Art. 269 und 269a OR festgehalten. Der erste der beiden Artikel regelt, wann ein Mietzins als missbräuch lich gilt (positive Definition der Missbräuchlichkeit), der zweite Ar tikel umschreibt, wann er in der Regel als nicht missbräuchlich gilt (negative Definition der Missbräuchlichkeit). Art. 269 OR A. Missbräuchliche Mietzinse I. Regel Mietzinse sind missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf einem offensicht lichen übersetzten Kaufpreis beruhen. Art. 269a OR II. Ausnahmen Mietzinse sind in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie insbe sondere: a. im Rahmen der orts- und quartierüblichen Mietzinse liegen; b. durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen des Vermieters begründet sind; c. bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttoren dite liegen; d. lediglich dem Ausgleich einer Mietzinsverbilligung dienen, die zuvor durch Umlagerung marktüblicher Finanzierung gewährt wurde, und in einem dem Mieter im Voraus bekannt gegebenen Zahlungsplan festgelegt sind; e. lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausglei chen; f. das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieterver bände oder Organisationen, die ähnliche Interessen wahrneh men, in ihren Rahmenverträgen empfehlen. In beiden Gesetzesartikeln ist vom «Mietzins» die Rede. Von Fall zu Fall ist damit entweder der gesamte Mietzins oder die geforderte Mietzinserhöhung gemeint. Beruft sich der Vermieter bei einer

4 Vgl. zur Anfechtung des Anfangsmietzinses unter 1.12.1

Mietzins und Nebenkosten 15

Mietzinsanpassung auf die Kriterien «Orts- oder Quartierüblich keit», «kostendeckende Bruttorendite» oder «übersetzter Ertrag (Nettorendite)», kann er nur einen dieser Erhöhungsgründe anfüh ren, denn sie beziehen sich jeweils auf den gesamten Mietzins ( ab solute Anpassungskriterien). Die absolute Berechnungsmethode be stimmt den für ein Objekt allgemein zulässigen Mietzins. Die rela tive Methode hingegen beurteilt die Zulässigkeit einer einseitig beanspruchten Vertragsänderung. Sie bezeichnet diejenigen Kriteri en, bei denen der Mietzins aufgrund einer laufenden Kostenent wicklung den geänderten Verhältnissen angepasst werden kann 5 . Sie nimmt Bezug auf der vorangegangenen Preisgestaltung. Die Kri terien «Kostensteigerungen», «Mehrleistungen» und «Teuerung auf dem risikotragenden Kapital» können daher kumulativ geltend ge macht werden, da sie Kostenveränderungen gegenüber dem vorher gehenden Mietzins begründen (relative Anpassungskriterien). Die mietzinsbezogenen Schutzbestimmungen der Art. 269 ff. OR gelten nicht nur für eigentliche Mietverträge, sondern sinngemäss auch für andere Verträge, die im Wesentlichen die Überlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen gegen Entgelt regeln, unabhängig von der Bezeichnung des Vertrages. 6 Die Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Miet zinsen gelten jedoch nicht für die Miete von luxuriösen Wohnungen oder Einfamilienhäusern mit sechs oder mehr Wohnräumen. 7 Die Bestimmung der Zimmerzahl als entscheidendes Merkmal dürfte in der Praxis kaum zu Problemen führen; der Begriff «luxuriös» hin gegen schon. Der Gesetzgeber definiert das Erfordernis «luxuriös» nicht weiter, was einen grossen Ermessenspielraum für die rechtsan wendende Behörde bedeutet. Gemäss Lehre und Rechtsprechung ist für die Bejahung eines luxuriösen Mietobjekts der Gesamteindruck der Wohneinheit massgebend und es kann nicht nur auf einzelne lu 5 BGE 120 II 302 E. 6; SVIT-Kommentar/Rohrer, N 11 zu Vorbemerkungen zu Art. 269 – 270e OR 6 Im beurteilten Fall wurde die Anwendbarkeit der mietzinsrechtlichen Schutzbe stimmungen für eine Wohnung in einer Seniorenresidenz verneint, da die mit der Gebrauchsüberlassung der Senioren-Wohnung verbundenen Serviceleistungen für den Abschluss des Vertrages wesentlich waren (Urteil des Bundesgerichts 4A_113/2012 vom 13. November 2012, in MRA 4/13, S. 46 ff.) 7 Artikel 253b Abs. 2 OR Anwendung der Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen

Mietzins und Nebenkosten 205

Nebenkosten

2.

2.1 Einleitung Die Vermietung ist eine vielschichtige Dienstleistung. Sie besteht nicht nur aus der Überlassung von Wohn- und Geschäftsräumen zum Gebrauch, sondern umfasst auch die Gewährleistung der nöti gen Infrastruktur (Heizung, Strom, Wasser, Reinigung, Versicherun gen etc.). Eine Reihe der dadurch entstehenden Kosten wird dem Mieter häufig separat in Rechnung gestellt. Die separate Verrech nung neben dem Nettomietzins macht diese Kosten zu Nebenkos ten. Nettomietzins und Nebenkosten bilden zusammen den Brutto mietzins. Das geltende Mietrecht geht davon aus, dass die beim Ver mieter anfallenden Nebenkosten durch den Mietzins abgedeckt sind. Soll der Mieter zuzüglich zum Nettomietzins Nebenkosten be zahlen, so muss dies vereinbart werden. 651 2.2 Definition Im Gegensatz zum alten Gesetzestext enthält das revidierte, am 1. Juli 1990 in Kraft getretene Mietrecht eine inhaltliche Definition der Nebenkosten.

Nebenkosten Die Nebenkosten sind das Entgelt für die Leistungen des Vermieters oder eines Dritten, die mit dem Gebrauch der Sa che zusammenhängen (Art. 257a Abs. 1 OR). Bei Wohn- und Geschäftsräumen sind die Nebenkosten die tatsächlichen Aufwendungen des Vermieters für Leistungen, die mit dem Gebrauch zusammenhängen, wie Heizungs-, Warmwasser- und ähnliche Betriebskosten, sowie für öffent liche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben (Art. 257b Abs. 1 OR).

Definition:

Diese gesetzliche Definition der Nebenkosten ist zwingend. Die Partei en müssen sich bei ihrer Vereinbarung von Kosten, welche der Mieter se parat zum Nettomietzins zu zahlen hat, an die Definition von Art. 257b Abs. 1 OR halten. 652

651 Ausführlich dazu unter 2.4 folgend 652 Entscheid des Bundesgerichts 4A_546/2010 vom 17. März 2011 (BGE 137 I 135); Mietrecht für die Praxis/Béguin & Marston N 14.1.1

206 HEV Schweiz

Nebenkostenfähig sind folglich die Kosten für die Leistungen des Vermieters oder Dritter, welche die Versorgung, die Entsorgung, die Reinigung und den übrigen kleinen Unterhalt einer Mietsache oder damit verbundener Einrichtungen betreffen 653 . Im Gesetz oder der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäfts räumen (VMWG) findet sich allerdings keine Aufzählung aller möglichen Nebenkosten. Art. 257b Abs. 1 OR nennt für die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen allerdings einige Beispiele von Nebenkosten. 654 Neben den im Gesetz namentlich angeführten Heiz- und Warm wasserkosten sind folgende Nebenkostenarten am häufigsten anzu treffen: – Treppenhausreinigung – Hauswartung – ARA-Gebühren (Abwassergebühren) – Kehrichtabfuhrgebühren 655 – G arten- und Umgebungspflege – Schneeräumungskosten – Kabel-TV-Gebühren/Antennengebühren – Allgemeinstrom – Wasserzins (Frischwasserbezug) – S erviceabonnemente für Waschmaschinen, Tumbler, Lift, Klima anlagen etc. – S tromkosten der allgemeinen Räume/Einrichtungen – H eiz- und Warmwasserkosten (Im Gegensatz zu den Betriebs kosten werden diese in Art. 5-8 VMWG geregelt. 656 ) Nicht zu den Nebenkosten zählen Lasten und Abgaben des Vermie ters und Eigentümers, die nicht mit dem Gebrauch der Sache zusam menhängen. Dazu gehören z.B. Grundsteuern, Grundpfandzinsen und Gebäudeversicherungsprämien. 657 Keine Nebenkosten sind eben 653 SVIT-Kommentar/Biber, N 12 zu Art. 257–257b OR 654 Heizungs- und Warmwasserkosten, «ähnliche Betriebskosten» und öffentlich-recht liche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben 655 Kausalabgaben wie zum Beispiel die Grundgebühren für Kehrichtentsorgung kön nen dem Mieter als Nebenkosten überwunden werden, soweit sie nach dem Ver ursacherprinzip erhoben werden; vgl. SVIT-Kommentar/Biber, N 24 zu Vorbemer kungen zu Art. 257–257b OR 656 Vgl. dazu unter 2.10 657 Anders Irene Biber, die sich dafür ausspricht, dass solche Kosten durch vertragli che Abrede dem Mieter weiterbelastet werden dürfen, vgl. SVIT-Kommentar/Bi ber, N 14 zu Vorbemerkungen zu Art. 257–257b OR

Mietzins und Nebenkosten 207

so Aufwendungen für Unterhalt, Reparatur und Ersatzanschaffun gen. Der Vermieter muss diese Ausgaben aus dem Nettomietzins be streiten. Dies ergibt sich aus seiner Verpflichtung, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu erhal ten 658 . Gewisse Kosten – so genannte Verbraucherkosten – fallen direkt beim Mieter an. Diese werden vom Mieter ausschliesslich zum eige nen Gebrauch verursacht und sind mithin grundsätzlich keine Neben kosten im Sinne von Art. 257a OR. Vielmehr besteht bei Verbrau cherkosten eine Rechtsbeziehung zwischen dem Mieter und einem Dritten. Typische Verbraucherkosten sind z.B. Telefongebühren, TV- und Radiokonzessionsgebühren und die Kosten für den im Mietobjekt verbrauchten elektrischen Strom. Diese Kosten sind vom Mieter zu bezahlen. Es braucht diesbezüglich keine Vereinbarung im Mietvertrag. 2.3 Nebenkostenpositionen im Einzelnen Hauswartungskosten/Treppenhausreinigung Darunter fallen die gesamten Lohn- und Sozialversicherungskos ten 659 des Hauswartes sowie die Kosten für das Reinigungsmaterial und kleineren Reinigungsgeräten wie Besen, Schrubber, Wischlap pen usw. Nicht zu den Hauswartungskosten gehört die Anschaffung eines Schneepfluges, Rasenmähers und grösseren Werkzeugen. Sol che Geräte sind in der Mietzinskalkulation zu berücksichtigen. 660 Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass sich Hauswartungskosten im mer auf die typischen Hauswartungsaufgaben beziehen und vom Haus wart selbst ausgeführt werden müssen. Sobald ein Hauswart regelmässig nicht nur typische Hauswartsleis tungen übernimmt, wie zum Beispiel die Durchführung von Woh nungsbesichtigungen oder ein Drittunternehmen für gewisse Arbei ten beigezogen wird, z.B. einer Gärtnerei für das Zurückschneiden der Sträucher, können die Kosten nicht mehr über den Punkt Haus wartung überwälzt werden 661 . In diesem Fall muss der Vermieter die verschiedenen Leistungen aufschlüsseln und sowohl die Hauswar

658 Art. 256 Abs. 1 OR 659 Auch ein allfälliger 13. Monatslohn, Gratifikationen sowie die Kosten für eine Ver tretung des Hauswartes bei ferien- und krankheits- bzw. unfallbedingten Absenzen.

660 Oberle, S. 22 661 Oberle, S. 26

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