HEV Jahresbericht 2022

Rechtsprechung

müsse, ob der Mieter unter Berücksich tigung der konkreten Gesamtumstände in den Genuss der Unwissenheitsvermu tung kommen kann. Das Gericht folgte den der Erwägungen der Vorinstanz, dass im vorliegenden Fall die Vermutung der fehlenden Rechtskenntnis der Mieter gel ten müsse, da die Mieter fremdsprachig und auf einen Dolmetscher angewiesen seien und es deshalb unwahrscheinlich sei, dass sich diese mittels einer Inter netrecherche über die Formularpflicht im konkreten Kanton informiert hätten. Das Bundesgericht erachtete es weiter als unwahrscheinlich, dass die Mieter 2014 dem Vergleich zugestimmt hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit ihres Anfangsmiet zinses bekannt gewesen wäre. Der Fris tenlauf für die Verjährung der Rückfor derung begann daher erst im Rahmen der Konsultation der Anwältin für das vorliegende Verfahren, also zwischen 15. Oktober und 26. November 2015, womit die Rückforderung von zu viel bezahlten Mietzinse mit Klage vom 26. November 2015 in jedem Fall noch nicht verjährt war.

Fall der Beweis des Vermieters und der vereinbarte Anfangsmietzins war nichtig. Bezüglich der Frage nach der Verjährung erinnerten die höchsten Richter in Lau sanne daran, dass die entsprechende Verjährungsfrist zu laufen beginnt, so bald der Mieter weiss, dass die fehlende Formularanzeige die Nichtigkeit des An fangsmietzinses zur Folge hat. Gemäss seinem Leitentscheid 140 III 583 wird vermutet, dass der Mieter die Rechtslage nicht kennt, solange er nicht darauf auf merksam gemacht wird. In einem spä teren Entscheid (146 III 82) ergänzte das Bundesgericht, dass sich zu Recht gefragt werden könne, ob die vermutete Unwis senheit des Mieters über die Formular pflicht und deren Konsequenzen heute noch gerechtfertigt sei, da die Verwen dung im konkreten Kanton seit 25 Jahren gelte, die Formularpflicht vom Bundes gericht wiederholt in Erinnerung geru fen wurde und es möglich ist, sich durch einfache Internetrecherche über die Formularpflicht zu informieren. Im zu beurteilenden Fall präzisierte das Bun desgericht, dass immer geprüft werden

Klage auf Rückerstattung ungerechtfer tigter Bereicherung verjährt nach drei Jahren ab dem Tag, an dem der Mieter von seinem Rückerstattungsanspruch Kenntnis erlangt hat und in jedem Fall nach zehn Jahren ab Entstehung des An spruchs). Der Vermieter behauptete, den Mietern mit Schreiben vom 15. September 2011 ein solches Formular zugestellt zu haben und stellte sich auf den Standpunkt, dass der Rückforderungsanspruch verjährt sei, da die Mieterschaft spätestens im Jahre 2014 Kenntnis der Rechtslage ge habt hätte, als sie sich im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens wegen Mängeln am Mietobjekt mittels Vergleichs über eine Mietzinsreduktion geeinigt hätten. Die Mieter waren damals ebenfalls an waltlich vertreten. Zur Frage, ob der An fangsmietzins gültig mit amtlichem For mular angezeigt worden ist, berief sich das Bundesgericht auf seine bisherige Rechtsprechung. Danach ist es Sache des Vermieters, die bestrittene Zustellung der Formularanzeige für den Anfangsmiet zins zu beweisen. Die Zustellung des For mulars wird allerdings vermutet, wenn der Begleitbrief, der dem Mietvertrag beiliegt, das amtliche Formular als Bei lage erwähnt, der Mieter den Mietvertrag nachweislich erhalten hat und der Ver mieter eine Kopie des Formulars mit den für das betreffende Mietverhältnis vorle gen kann. Im vorliegenden Fall reichte die Vermieterin eine Kopie des amtlichen Formulars vom 23. August 2011 sowie ein Begleitschreiben vom 15. September 2011 ein, welches dem amtlichen Formu lar beigelegen habe. Das Begleitschrei ben und das amtliche Formular waren aber nicht von denselben Personen un terzeichnet worden und die Sendung wurde nicht eingeschrieben verschickt. Erschwerend kam hinzu, dass das amtli che Formular keine Unterschrift der Mie ter aufwies, obwohl es der üblichen Pra xis der konkreten Verwaltung entsprach die Formularanzeige von den Mietern unterschreiben zu lassen. Aus diesen Gründen scheiterte im zu beurteilenden

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